Pankower Grüne wünschen sich breite Beteiligung bei Umbenennung der Robert-Rössle-Straße 13. Januar 202220. Juni 2022 Fotocredit: Axel Mauruszat (CC 3.0) Die Robert-Rössle-Straße in Berlin-Buch soll nach einer Frau benannt werden, die sich um die Medizin verdient gemacht hat. So sieht es ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf der kommenden Bezirksverordnetenversammlung in Pankow vor. Hannah Wettig, eine der beiden Fraktionsvorsitzenden, erläutert: “Es gibt viele gut geeignete Frauen, nach denen die Straße benannt werden kann. Denkbar sind verdiente Forscherinnen und Ärztinnen aus Buch oder Opfer der Aktion T4. Wir werden uns für einen Namensfindungs-Prozess mit den Anwohnenden einsetzen und hoffen auf viele gute Vorschläge.” Vor gut drei Jahren hatte die bündnisgrüne Fraktion den Antrag gestellt, das Bezirksamt möge überprüfen, ob Robert Rössle ein aktiver Gegner der Demokratie und geistig-politischer Wegbereiter und Verfechter der nationalsozialistischen Ideologie und Gewaltherrschaft war und somit die Voraussetzungen für eine Umbenennung gegeben wären. Der Fachbereich Museum, mehrere Expert*innen, Anwohnende und Nachkommen von Opfern des Nationalsozialismus haben sich an der darauffolgenden mehrjährigen Debatte beteiligt. “Für uns hat sich ein klares Bild ergeben,” sagt Wettig. “Robert Rössle war zwar nie Mitglied der NSDAP, hat aber an oberster Stelle im nationalsozialistischen System mitgewirkt und davon profitiert. Seine wissenschaftliche Forschung wäre ohne die eliminatorische Verfolgungspolitik nicht möglich gewesen. Es ist absurd über so jemanden zu sagen, er habe nichts gewusst.” Robert Rössle leitete von 1929 bis 1948 das Pathologische Institut der Charité. Für seine Forschung sezierte er über 8.000 Menschen, meist ohne deren Einwilligung. Da er Erbkrankheiten erforschte, profitierte er davon, dass er nach 1933 ganze jüdische Familien, die gemeinschaftlich Selbstmord begangen hatten, untersuchen konnte. In seinen Schriften trat er für Eugenik ein und forderte die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ in einem Lehrbuch. Die Gedanken der Eugenik führten letztendlich zum Euthanasieprogramm der Nationalsozialist*innen und zur sogenannten Rassenhygiene. Aus Sicht der Bündnisgrünen liegen damit die Voraussetzungen für die Umbenennung der Straße vor: Robert Rössle war aktiver Wegbereiter des Nationalsozialismus und Profiteur der Diktatur. Einwände anderer Parteien, eine Neubewertung der Lebensleistung Rössles stehe noch aus, weisen die Bündnisgrünen zurück. „Mit der Benennung einer Straße wird eine Person als Vorbild geehrt. Rössle ist jedoch kein Vorbild“, betont Wettig. „Mit seinen Aussagen zur Eugenetik und seiner Forschung hat er sich mitschuldig gemacht. In seiner Position als Leiter eines Instituts hat er bewusst und aus freien Stücken gehandelt. Da stellt sich eigentlich schon nicht mehr die Frage, was er selber im stillen Kämmerlein gedacht hat. Aber auch das ist untersucht worden: Widerständische Handlungen oder auch nur eine Haltung der inneren Emigration konnten bei ihm nicht gefunden werden.“ In der Bezirksverordnetenversammlung schloss sich die Linksfraktion dem Anliegen der Bündnisgrünen an, wollte aber den weiteren Prozess im Ausschuss für Kultur diskutieren. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit in den Ausschuss. Den Antrag “Umbenennung der Robert-Rössle-Straße” finden Sie hier. Foto: Axel Mauruszat (CC 3.0)