Kleine Anfrage - KA-0109/IX

Stellenwert von Klimaschutz im Bezirksamt Pankow

Spätestens mit der ersten Weltklimakonferenz im Jahr 1979 wurde der Klimawandel bzw. Erderhitzung als „ernsthaftes Problem bzw. Herausforderung“ anerkannt. Die wissenschaftliche Forschung hat dies seitdem immer wieder bestätigt und die dramatischen Folgen der Erderhitzung immer detaillierter analysiert bzw. beschrieben. 2019, ca. vier Jahrzehnte später, war beim Bezirksamt Pankow keine einzige Person schwerpunktmäßig mit Klimaschutzmaßnahmen beschäftigt. Die Bezirksverordnetenversammlung Pankow hat in 2019 den Klimanotstand beschlossen und sich u.a. dafür eingesetzt, dass ein/e Klimaschutzbeauftragte/r im Bezirksamt Pankow eingestellt wird. Diese Person soll unter anderem ein Klimaschutzkonzept für Pankow erstellen und die Umsetzung sicherstellen. Erst 2021 wurde eine entsprechende Person eingestellt. Bezirksbürgermeister Benn sagte, dass die Mitarbeitenden des Bezirksamts vorher keine Kapazitäten für entsprechende Aufgaben hatten. Auch das Pankower Solar-Paket wurde erst nach entsprechenden Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlung umgesetzt. Im Rahmen des Solar-Pakets kooperiert das Bezirksamt Pankow mit den Berliner Stadtwerken, um Solaranlagen auf öffentlichen Gebäuden in Pankow zu installieren.

1. Welchen Stellenwert hat das Thema Klimaschutz im Bezirksamt? Warum wurde erst nach entsprechenden Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlung gehandelt?
2. Welche Kompetenzen (bspw. Weisungsbefugnis) und Ressourcen (bspw. zugewiesenes Personal oder Haushaltsmittel) stehen der Klimaschutzbeauftragten in Pankow zur Verfügung?
3. Welcher Stellenaufwuchs ist im Bereich Klimaschutz im Bezirksamt geplant?
4. Wann ist die Fertigstellung bzw. Umsetzung des Pankower Klimaschutzkonzepts geplant?
5. Welche Klimaschutzmaßnahmen, die mit geringem Aufwand bzw. geringen finanziellen Mitteln zur Senkung von CO2-Emissionen beitragen, hat das Bezirksamt Pankow seit dem Klimanotstandsbeschluss identifiziert (bitte auflisten)?
6. Welche Klimaschutzmaßnahmen, die zur Senkung von CO2-Emissionen beitragen, hat das Bezirksamt Pankow seit dem Klimanotstandsbeschluss umgesetzt (abgesehen von Maßnahmen aufgrund von BVV-Beschlüssen wie dem Solar-Paket)?
7. Die Bezirksverordnetenversammlung hat im Rahmen des Klimanotstandsbeschlusses das Bezirksamt aufgefordert Klimaschutzziele für den Bezirk zu setzen. Welche Klimaschutzziele hat sich der Bezirk gesetzt bzw. auf welche Weise ist die Zielsetzung geplant?
8. Im oben genannten Klimanotstandsbeschluss wurde außerdem beschlossen, dass alle Entscheidungen des Bezirksamtes auf ihre Klimaauswirkungen geprüft werden sollen.
a) Auf welche Weise bzw. mit welcher Methode wird dieser Beschluss umgesetzt?
b) Bei welchen Entscheidungen im Bezirksamt wird dies angewendet?
c) Welche Auswirkungen hat die Umsetzung des Beschlusses?

Eingereicht durch: Heuke, Reemt

Antwort:

Zu 1. Welchen Stellenwert hat das Thema Klimaschutz im Bezirksamt? Warum wurde erst nach entsprechenden Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlung gehandelt?

Klimaschutz- und Klimaanpassung sind zentrale Themen für das Bezirksamt. Denn der Klimawandel ist ein globales Problem, für das im Bezirk Pankow in allen Ämtern lokale Lösungen gefunden werden müssen. Im Bezirksamt Pankow von Berlin wurden bereits diverse Maßnahmen, auch ohne vorhergegangene Beschlüsse der BVV, im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt (siehe auch Punkt 6).

Zu 2. Welche Kompetenzen (bspw. Weisungsbefugnis) und Ressourcen (bspw. zugewiesenes Personal oder Haushaltsmittel) stehen der Klimaschutzbeauftragten in Pankow zur Verfügung?

Die Klimaschutzbeauftragte initiiert, koordiniert und unterstützt Klimaschutzaktivitäten im Bezirksamt und im Bezirk Pankow. Die Kompetenzen liegen v.a. bei Beratung und Stellungnahmen. Es besteht keine Weisungsbefugnis.

Es stehen aktuell keine gesonderten Mittel für die Klimaschutzbeauftragte zur Verfügung. Im Rahmen der Titel für die Beauftragten stehen in geringem Umfang Mittel für Veranstaltungen sowie Veröffentlichungen und Dokumentationen zur Verfügung.

Zu 3. Welcher Stellenaufwuchs ist im Bereich Klimaschutz im Bezirksamt geplant?

Im Rahmen der Kommunalrichtlinie der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) soll eine Personalstelle (befristet für zwei Jahre) Mitte 2022 eingestellt werden. Das Förderprogramm sieht die Möglichkeit eines dreijährigen Anschlussvorhabens vor.

Die Klimaschutzarbeit in den Bezirken soll zudem durch die Anerkennung eines Mehrbedarfs von einer halben Personalstelle gestärkt werden für die bezirklichen Aufgaben, die sich aus der Novellierung des Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetzes ergeben.

Aufgrund der aktuellen Haushaltssituation ist momentan ein weiterer Stellenaufwuchs aus Haushaltsmittel nicht geplant.

Zu 4. Wann ist die Fertigstellung bzw. Umsetzung des Pankower Klimaschutzkonzepts geplant?

Im Oktober 2021 hat das Bezirksamt Pankow die Maßnahme „Klimaschutzkonzepte und Klimaschutzmanagement – Erstvorhaben“ beantragt. Der Förderantrag umfasst die Erstellung eines integrierten Klimaschutzkonzeptes durch eine*n Klimaschutzmanager*in sowie die Umsetzung erster Maßnahmen im Bereich integrierter Klimaschutz. In diesem Projekt kann für 24 Monate ein:e Klimaschutzmanager:in befristet eingestellt werden und u.a. die Treibhausgas-Bilanz sowie eine Potenzialberechung mit Szenarienerstellung extern vergeben werden. Die Bestandteile des beantragten Klimaschutzkonzeptes sind: Ist-Analyse sowie Energie- und THG-Bilanz, Potenzialanalyse und Szenarien, Treibhausgas-Minderungsziele, Strategiefestlegung und Priorisierung, Akteursbeteiligung, Maßnahmenkatalog, Verstetigungsstrategie, Controlling-Konzept und Kommunikationsstrategie. Das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK 2030), das zahlreiche Maßnahmen enthält, die auf Bezirksebene umgesetzt werden müssen, soll als Basis dienen. Das Klimaschutzkonzept ist 18 Monate nach Förderbeginn einzureichen. Mit einem Projektstart ist frühestens Sommer 2022 zu rechnen. Daher ist das integrierte Klimaschutzkonzept im Frühjahr 2024 zu erwarten. Aber schon aktuell werden zahlreiche Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt. Für eine strukturierte Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen nimmt der Bezirk zusätzlich am European Energy Award teil (BVV-Beschluss vom 27.02.20). Im Rahmen dessen wird eine Bestandsaufnahme der Klimaschutzaktivitäten im Bezirk erstellt und jährlich ein Energiepolitisches Arbeitsprogramm (Maßnahmenliste mit Klimaschutzmaßnahmen der verschiedenen Fachabteilungen) verabschiedet. Das erste Energiepolitischen Arbeitsprogramm mit Maßnahmen soll im Frühjahr 2022 fertig gestellt werden.

Zu 5. Welche Klimaschutzmaßnahmen, die mit geringem Aufwand bzw. geringen finanziellen Mitteln zur Senkung von CO2-Emissionen beitragen, hat das Bezirksamt Pankow seit dem Klimanotstandsbeschluss identifiziert (bitte auflisten)?

An dieser Stelle kann keine abschließende Auflistung an Klimaschutzmaßnahmen im Bezirksamt Pankow erfolgen. Auch ist die Frage wie „geringer Aufwand“ bzw. „geringe finanzielle Mittel“ bestimmt sind.

Weiterhin sind im Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz zahlreiche Maßnahmen für den Bezirk definiert. Zudem wird im Rahmen des European Energy Award aktuell ein Maßnahmenplan erstellt (siehe Punkt 4).

Um einen Weg aufzuzeigen, wie die Senats- und Bezirksverwaltungen bis 2030 weitgehend CO2-neutral organisiert sein können, wurde weiterhin auf Landeseben das Projekt „Maßnahmenplan CO2-neutrale Verwaltung Berlin“ aufgelegt und 2019 ein Maßnahmenkatalog erarbeitet. Mehr Infos unter: https://www.berlin.de/sen/uvk/klimaschutz/klimaschutz-in-der-umsetzung/vorbildrolle-oeffentliche-hand/co2-neutrale-verwaltung/

Gesamtübersicht Maßnahmenvorschläge
Nr. Maßnahmentitel
Bereich Organisation und Kommunikation
1-1 Leitungsebene als Vorbild in Sachen Klimaschutz
1-2 Ansprechperson CO2-neutrale Verwaltung
1-3 Motivationsprogramme zum klimaschonenden Verhalten umsetzen
1-4 Verhaltenskodex CO2-Neutralität
1-5 Mobilitätskampagne umsetzen
Bereich Energieverbrauch im Gebäude
2-1 Beleuchtungsstrategie
2-2 Beleuchtungssteuerung und LED in öffentlichen Bereichen
2-3 LED-Arbeitsplatzbeleuchtung
2-4 Energiemanagement für Serverräume
2-5 Energiemanagement der IKT am Arbeitsplatz
2-6 Einheitliche Vorgaben zur Nutzung verbrauchsintensiver privater Elektrogeräte
2-7 Einrichtung / Ausstattung von Teeküchen
Bereich Mobilität
3-1 Umsetzung eines zentralen Mobilitätsmanagements
3-2 Umstellung des Fuhrparks auf CO2-neutrale Fahrzeuge
3-4 Dienstreisen CO2-neutral gestalten
3-5 Nutzung von Video- und Telefonkonferenzarbeitsplätzen
3-6 Anschaffung von Pedelecs / E-Rollern
3-7 Steigerung der Attraktivität der Fahrradnutzung für Beschäftigte
Bereich Beschaffung und Ressourcenverbrauch
4-1 Nutzung des zentralen Beschaffungswesens für Produkte mit Klimarelevanz
4-2 Schulung / Monitoring der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU)
4-3 Teilnahme an einem zentralen Vermittlungssystem für wiederverwertbare Produkte
4-4 Dienstanweisung zu Ressourcenverbrauch und Abfalltrennung
4-5 Reduzierung des Papierverbrauchs
4-6 CO2-neutrale Veranstaltungen
4-7 Vegetarisches und saisonales Angebot in Kantinen

Zu 6. Welche Klimaschutzmaßnahmen, die zur Senkung von CO2-Emissionen beitragen, hat das Bezirksamt Pankow seit dem Klimanotstandsbeschluss umgesetzt (abgesehen von Maßnahmen aufgrund von BVV-Beschlüssen wie dem Solar-Paket)?

Im Rahmen des European Energy Awards erfolgt aktuell eine strukturierte Bestandserfassung. Zudem wird ein Klimaschutzbericht für das Jahr 2021 gefertigt. Dieser enthält die Klimaschutzaktivitäten, die in den verschiedenen Abteilungen umgesetzt wurden. Einige Klimaschutzmaßnahmen des Bezirksamtes (nicht vollständig) sind auf der folgenden Website zu finden: https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/beauftragte/klimaschutz/artikel.1071371.php

Beispielsweise wurde seit dem Klimanotstandsbeschluss:
• Der Mobilbericht wurde fertig gestellt (Mobilitätsberichterstattung als strategisches Instrument für eine zielgerichtete Mobilitätsplanung)
• Im Rahmen des Projektes networks4 wurde die Sanierung und Erweiterung der Kita Bewegungsreich in der Thomas-Mann-Straße als Leuchtturmprojekt, bei dem wichtige Erkenntnisse direkt in die Fördermaßnahme übernommen wurden, u.a. Brauchwassernutzung, oder Fassadenbegrünung, umgesetzt.
• Eine CO2-Bilanz für die bezirklichen Bibliotheken wurde erstellt und Maßnahmen umgesetzt
• Fördermittel im Bundesprogramm zur Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel
für eine nachhaltige Regenwassernutzung des Weißen See wurden erfolgreich beantragt

Zu 7. Die Bezirksverordnetenversammlung hat im Rahmen des Klimanotstandsbeschlusses das Bezirksamt aufgefordert Klimaschutzziele für den Bezirk zu setzen. Welche Klimaschutzziele hat sich der Bezirk gesetzt bzw. auf welche Weise ist die Zielsetzung geplant?

Das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz (EWG Bln) legt die Berliner Klimaziele bis 2045 bezogen auf das Jahr 1990 fest: Bis 2020 sollen mindestens 40% eingespart werden (dies wurde auch erreicht), bis 2030 sollen mindestens 70%, bis 2040 mindestens 90% und bis 2045 mindestens 95% der Kohlendioxidemissionen im Vergleich zur Gesamtsumme 1990 eingespart werden. Weiterhin legt das EWG Bln fest, dass die Landesverwaltung bis zum Jahr 2030 weitgehend CO2-neutral organisiert ist.

Diese gesetzlichen Vorgaben sind sehr ambitioniert für eine wachsende Stadt und gelten auch für den Bezirk bzw. das Bezirksamt Pankow von Berlin. Aufgrund der aktuell schlechten Datenlage (viele Daten liegen nur auf Landesebene oder Postleihzahlebene, nicht aber auf Bezirkseben vor) ist es schwierig sich datenbasiert eigene realistische Ziele zu setzen. Daher sieht das Bezirksamt aktuell davon ab, sich eigene Klimaschutzziele zu setzen. Wenn im Rahmen des integrierten Klimaschutzkonzeptes eine Potenzial- und Szenarienanalyse erstellt wurden, dann sollen auch Klimaschutzziele für den Bezirk formuliert werden.

Zu 8. Im oben genannten Klimanotstandsbeschluss wurde außerdem beschlossen, dass alle Entscheidungen des Bezirksamtes auf ihre Klimaauswirkungen geprüft werden sollen.
a) Auf welche Weise bzw. mit welcher Methode wird dieser Beschluss umgesetzt?
b) Bei welchen Entscheidungen im Bezirksamt wird dies angewendet?
c) Welche Auswirkungen hat die Umsetzung des Beschlusses?

a) Der Senat hat 2021 einen Excel-basierten Klimacheck für Senatsvorlagen erarbeiten lassen. Dieser wurde Ende des Jahres für die Anwendung auf Bezirksebene angepasst. Aktuell befindet sich dieser in einer Testphase und Endkorrektur. Auch in Pankow soll die Nutzung des Klimachecks geprüft werden. Der Klimacheck hat folgende Bestandteile:

1) Basisprüfung: Hat die Senatsvorlage voraussichtlich Auswirkungen auf den Klimaschutz?

2) Hauptprüfung: Wie groß sind die voraussichtlichen Auswirkungen der Senatsvorlage auf den Klimaschutz? Der Klimacheck umfasst Fragen in den folgenden Handlungsfeldern

• Gebäude und städtische Infrastruktur
• Verkehr
• Energieversorgung
• Grün- und Freiflächen
• Abfall- und Abwasserentsorgung
• Öffentliche Beschaffung
• Bewusstseinsbildung

3) Optionale Ergänzungen und Verbesserungsmaßnahmen: Inwiefern wurden im Vorfeld der Senatsvorlage bereits Prüfungen vorgenommen, die Aussagen über zu erwartende Auswirkungen auf den Klimaschutz ermöglichen (bspw. Umweltverträglichkeitsprüfungen)? Inwiefern sind in der Senatsvorlage bereits Maßnahmen enthalten, die sich positiv auf den Klimaschutz auswirken? Welche Möglichkeiten bestehen, um (weitere) klimafreundliche Verbesserungen in der Senatsvorlage zu berücksichtigen?
b) Der Klimacheck soll für BA-Beschlüsse des Bezirksamtes durchgeführt werden.
c) Bei einer negativen Auswirkung des Beschlusses sollte geprüft werden, inwiefern (zusätzliche) Maßnahmen zur Verbesserung des Klimaschutzes ausgeschöpft werden könnten. Damit sind Maßnahmen gemeint, die über mögliche bereits vorgenommene Abwägungen hinausgehen.

Sören Benn
Bezirksbürgermeister

Kleine Anfrage auf der BVV-Seite: https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/ka020.asp?KALFDNR=3891