GASTBEITRAG BEZIRKSSTADTRÄTIN DR. CORDELIA KOCH

Es geht nicht darum, ob wir die Herausforderung bewältigen können. Wir müssen.

Seit etwa 10 Tagen stehen jeden Morgen teilweise ab 5 Uhr, vereinzelt auch schon ab 3 Uhr morgens Menschen in langen Schlangen vor dem Eingangstor in der Fröbelstrasse und warten auf Hilfe.

Die Mitarbeitenden des Sozialamtes und ich setzen seither alles daran, um die Menschen adäquat willkommen zu heißen. Allen Mitarbeiter:innen des Bezirksamtes, die täglich alles geben, um den Bedarf der Menschen schnellstmöglich zu decken, die Wartezeit zu verkürzen und sie ihnen angenehmer zu gestalten, danke ich aus vollem Herzen. Die hauptsächliche Verantwortung liegt nun erstmal bei dem Sozialamt und ich kann feststellen: Die Bereitschaft der Mitarbeiter:innen, den Asylbereich personell zu unterstützen, ist enorm. Das bewegt mich sehr!

Alle packen an und tun, was getan werden muss. Einige haben sogar darauf verzichtet, ihren geplanten Urlaub anzutreten. Alle Ebenen sitzen an einem Tisch und beraten täglich, wie die Abläufe verbessert werden können und welche Hilfe wir brauchen. Auch aus den anderen Bereichen des Bezirksamtes erhalten wir Hilfe. Als wir dachten, dass die Stimmung unter den Antragstellenden kippen könnte, riefen wir das Ordnungsamt zur Hilfe – und erhielten schnell und unkompliziert Unterstützung.

Es hat uns alle gerührt, dass die Mitarbeiter:innen aus de, Schulamt von sich aus das Nötige getan haben, als das Sozialamt erstmal keine Kraft mehr hatte. Sie brachten Tee und Brezeln mit, sprachen sich darüber ab, was noch sinnvoll wäre, um die Wartenden ein bisschen aufzumuntern. Auch aus der Zivilgesellschaft kam spontane Hilfe – der Tisch mit Kuscheltieren hat es in die Zeitung geschafft. Inzwischen sind wir so weit, eine Grundversorgung mit Getränken und die von Anfang geplante Spielecke für Kinder einrichten zu können. Bis hierhin zu kommen, war ein intensiver Weg.

Es geht täglich darum, wie wir die Herausforderungen der Ukraine-Krise lösen können. Es geht um all das, was normalerweise in Berlin viel zu lange dauert, schier unmöglich erscheint: Um diese Zahl an Anträgen bearbeiten zu können, mussten wir natürlich die personelle, räumliche und infrastrukturelle Ausstattung des Sozialamtes ausbauen. Doch klar ist auch, wir können nicht warten, weil die Menschen vor der Tür stehen, weil sie Hunger haben und Durst, keine eigene Wohnung und kein Geld um sich Notwendiges zu beschaffen. Und weil das letztlich alle verstehen, ist es uns gelungen, immer wieder „Wände zu verschieben“ – Wände, gegen die man normaler weise prallt, wenn man in der Verwaltung etwas bewegen will. Es ist erstaunlich, was so alles geht, wenn man will und wenn man muss.