Kleine Anfrage - KA-0284/IX Schulungen öffentlicher Stellen zu häuslicher Gewalt 16. Juni 202212. Januar 2023 Bezirksamt Pankow von Berlin Abt. Wirtschaft, Finanzen, Personal, Facility Management Bezirksbürgermeister 08.07.2022 Frau Bezirksverordnete Helene Bond, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen über den Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin Kleine Anfrage KA-0284/IX über Schulungen öffentlicher Stellen zu häuslicher Gewalt Sehr geehrte Frau Bond, Sie haben das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten: 1. In welchen öffentlichen Stellen erhalten Mitarbeiter*innen Schulungen zum Umgang mit von häuslicher Gewalt betroffenen Personen, insbesondere Frauen und Kinder, die dort ankommen? Bitte auf jeden Fall mindestens folgende Stellen nennen: a) Bezirksamt (aufgeschlüsselt nach Ämterzuschnitten) Antwort: Im Bezirksamt Pankow gibt es verschiedene Formate zur Schulung von Mitarbeitenden zum Umgang mit Betroffenen von häuslicher Gewalt (Details siehe Folgeantworten). b) Familiengerichtsbarkeit c) Schulen und Kindergärten d) Polizei Antwort zu b), c), d): liegt außerhalb der Zuständigkeit des Bezirksamtes 2. Welche Schulungen erhalten diese Mitarbeiter*innen? Bitte detailliert auf Inhalt und Format der Angebote eingehen 3. In welchem Umfang (Turnus und zeitliche Intensität) werden die Schulungen angeboten? Beruht die Teilnahme vollständig auf Freiwilligkeit? Antwort zu 2. und 3. da im Zusammenhang stehend: Fachgruppe „Bezirklicher Aktionsplan gegen häusliche Gewalt“: Des Bezirksamt Pankow verabschiedete in seiner Sitzung vom 01. Juni 2004 den ersten Aktionsplan „Pankow gegen Häusliche Gewalt“. Zur Erarbeitung und Umsetzung des Aktionsplanes gründetet sich ebenfalls im Jahr 2004 eine ressortübergreifende Fachgruppe unter der Geschäftsführung der Gleichstellungsbeauftragten im Bezirksamt. Diese trifft sich seit Gründung vier- bis fünfmal jährlich. Zu den Mitgliedern der Fachgruppe zählen auch Vertreterinnen des Jugendamtes (Kinderschutzkoordination, Koordination Frühe Hilfen, Gruppenleitung RSD West) und des Sozialamtes (AG Sozialdienst [1]). Diese dienen in ihren jeweiligen Fachämtern bzw. Arbeitsbereichen als Multiplikator:innen für das Thema häusliche Gewalt. Bei den Fachgruppensitzungen handelt es sich zwar nicht um klassische Schulungsformate, aber sie sind mit dem Ziel angelegt, Wissen und aktuelle Entwicklungen zum Thema häusliche Gewalt zu teilen, sich zu vernetzen sowie Maßnahmen für den eigenen Arbeitsbereich abzuleiten. Zu diesem Zweck werden in regelmäßigen Abständen sowohl externe Expert:innen als auch Multiplikator:innen aus den Fachämtern des Bezirksamtes in die Sitzungen eingeladen (z.B. aus dem Wohnungsamt/WBS-Gruppenleitung). Durch die Teilnahme an den Sitzungen werden die eingeladenen Mitarbeitenden ebenfalls für das Thema häusliche Gewalt im eigenen Arbeitskontext sensibilisiert und im Umgang damit geschult. [1] Die Sozialarbeiter:innen des Allgemeinen Sozialdienstes mit dem Arbeitsschwerpunkt Soziale Wohnhilfe sind ebenso wie das Personal des Gesundheitsamtes, im Rahmen ihrer Ausbildung umfassend methodisch geschult, um im Arbeitsalltag mit der Thematik häusliche Gewalt umzugehen und in besonderen Konfliktsituationen deeskalierend zu agieren. Workplace Policy/Schulungen der Amtsleitungen: Das Bezirksamt Pankow engagiert sich mit seinem Konzept der Workplace Policy seit dem Jahr 2009 gegen häusliche Gewalt, der Mitarbeitende ausgesetzt sind. In diesem Zusammenhang entwickelte das Bezirksamt Pankow vor einigen Jahren den Flyer „Nein zu häuslicher Gewalt! Mut zum Gespräch am Arbeitsplatz“ (Hrsg.: Bezirksbürgermeister, in Kooperation mit dem Sozialamt, der Frauenvertreterin und Gleichstellungsbeauftragten im Bezirksamt). Inhalt des Flyers: Definition des Begriffes häusliche Gewalt, gesundheitliche Folgen von häuslicher Gewalt, Beratung und Hilfe. Des Weiteren führte die Fachberatungsstelle BORA e.V. zuletzt am 12. Dezember 2018 eine Schulung der Büroleitungen zum Thema „Häusliche Gewalt erkennen und handeln!“ durch. Da das Thema neben den Mitarbeitenden auch Bürger:innen betrifft, die mit dem Bezirksamt in Kontakt stehen, werden auch die Amtsleitungen zum Thema häusliche Gewalt geschult, zuletzt am 21. November 2019, ebenfalls durch BORA e.V. Bestandteil beider Schulungen waren folgende Themen: Definition von häuslicher Gewalt, Formen und Umfang von häuslicher Gewalt, häusliche Gewalt als globales Problem, Dynamik von häuslicher Gewalt, Warum trennen Frauen sich so schwer?, Woran erkenne ich betroffene Frauen?, Gesprächsführung mit von Gewalt Betroffenen, Aufzeigen von Hilfs und Interventionsmöglichkeiten für von Gewalt Betroffene. Ziel der Schulungen war es, die Büro- und Amtsleitungen für das Thema häusliche Gewalt im Umgang mit gewaltbetroffenen Bürger:innen zu sensibilisieren und Informationen bereitzustellen, die in die jeweiligen Arbeitsbereiche hineingetragen und dort weiterverbreitet werden können. Eine Abfrage des aktuellen Schulungsbedarfes der Büro- und Amtsleitungen ist nach pandemiebedingter Pause und einigen Personalwechseln für das 2. Halbjahr 2022 geplant. Schulungen im Jugendamt: Im Jugendamt wurde und wird das Thema Umgang mit Betroffenen von häuslicher Gewalt im Rahmen zweier Formate besprochen: a) in Kinderschutzkonferenzen (basierend auf dem Senatsbeschluss „Netzwerk Kinderschutz Berlin“, Drs. Nr. 16/0285 vom 20.02.2007; Instrument zur Kooperation und Vernetzung von bezirklichen Institutionen, Organisationen und Professionen) und b) in den Dienstbesprechungen der 4 Regionalen Sozialpädagogischen Dienste (RSD), Region Nord, Süd, West, Ost zu a): In der 3. Kinderschutzkonferenz, die am 19. Mai 2021 pandemiebedingt online stattfand, wurde das Thema häusliche Gewalt durch einen Vortrag des Trägers BIG e.V. mit dem Titel „Häusliche Gewalt – ein wichtiges aber oft verkanntes Kinderschutzthema?!“ in die Veranstaltung eingebettet. Es konnten damit ca. 130 Fachkräfte aus Pankow und anderen Berliner Bezirken erreicht werden. Die 4. Kinderschutzkonferenz findet in 2023 statt, das Thema häusliche Gewalt wird den Schwerpunkt der Veranstaltung bilden. Die inhaltliche Planung beginnt unter Beteiligung der Fachdienste sowie des bezirklichen Netzwerkes Kinderschutz im September 2022. Die Teilnahme an den Kinderschutzkonferenzen ist freiwillig. zu b): In den 4 RSD-Regionen wurde durch die Kinderschutzkoordinatorin des Jugendamtes seit Januar 2022 zum Thema unter der Überschrift „Sorge- und Umgangsrecht nach häuslicher Gewalt im Kontext der Istanbul Konvention – Herausforderungen für das Jugendamt bei häuslicher Gewalt“ sensibilisiert (RSD Süd im Januar, RSD Nord im Februar, RSD West im Februar, RSD Ost im Juni 2022). Dazu fand eine inhaltliche Vorabstimmung mit der Gleichstellungsbeauftragten des Bezirksamtes statt. Dienstberatungen obliegen der Verantwortung der jeweiligen Regionalleitung und sind ein regelmäßig monatlich stattfindendes Instrument zur Leitung der RSD-Region und damit verpflichtend für alle RSD-Mitarbeiter*innen. Überbezirkliche Fachtage: Am 10. März 2021 veranstalteten die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der Bezirke einen überbezirklichen Online-Fachtag mit dem Titel: „Sorge- und Umgangsrecht nach häuslicher Gewalt im Kontext der Istanbul-Konvention“. Für diesen Fachtag, der sich an die Fachkräfte der Jugend- und Sozialämter, die freien Träger der Familienhilfe, der Antigewaltarbeit und die Beschäftigten der Präventionsbereiche der Polizeidirektionen richtete, gab es knapp 400 Anmeldungen und 320 Teilnahmen (darunter viele Fachkräfte aus Pankow). Referentin des Fachtages war auch Christiane Abel, Präsidentin des Amtsgerichtes Pankow, mit dem Vortrag: „Gerichtliche Problemlagen“. Der nächste überbezirkliche Fachtag der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten findet in Kooperation mit den bezirklichen Behindertenbeauftragten am 10. Mai 2023 zum Thema „Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen“. Zielgruppe des Fachtages sind auch die mit dem Thema befassten Fachämter der Bezirke; die Teilnahme ist, wie auch am überbezirklichen Fachtag 2021, freiwillig. 4. Was wird getan, um den Mitarbeiter*innen die Teilnahme an den Schulungen im Rahmen ihrer Arbeitszeit tatsächlich zu ermöglichen? Antwort: Die Teilnahme an Schulungen ist in der „Dienstvereinbarung zur dienstlichen Fort- und Weiterbildung im Bezirksamt Pankow von Berlin“ vom 02. Januar 2019 geregelt. In dieser verpflichtet sich die Dienststelle, Dienstkräfte, die an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen bzw. teilnehmen wollen, zu unterstützen. Des W. darf den Dienstkräften durch die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen kein Nachteil entstehen. Fort- und Weiterbildungen im Bezirksamt werden gemäß Dienstvereinbarung als gezieltes Instrument der Personalentwicklung offensiv genutzt und Dienstkräfte motiviert, Fort- und Weiterbildungsangebote regelmäßig wahrzunehmen. Entsprechend der vorgenannten Dienstvereinbarung können Mitarbeitende die Fort- und Weiterbildungen, die im Rahmen der jährlichen individuellen Fortbildungsplanung mit der unmittelbaren Führungskraft vereinbart werden, während der Arbeitszeit teilnehmen. Fort- und Weiterbildungen die zwar vereinbart sind aber außerhalb der Arbeitszeiten besucht werden, gelten als Arbeitszeit. 5. Wie wird bei den Mitarbeiter*innen für die Angebote geworben? Antwort: Schulungen, die innerhalb regulärer Gremiensitzungen stattfinden, müssen nicht explizit beworben werden – hier werden die Teilnehmenden i.d.R. über die Tagesordnung zur Sitzung über den Schulungsinhalt informiert. Schulungen oder Weiterbildungsveranstaltungen, die außerhalb regulärer Gremiensitzungen stattfinden, werden z.B. über E-Mail-Verteiler, Social-Media-Kanäle oder das Intra- und Internet des Bezirksamtes Pankow beworben. 6. Wie viele Mitarbeiter*innen haben diese Angebote in den letzten 10 Jahren genutzt? Antwort: Darüber wird im Bezirksamt keine Statistik geführt. 7. Seit wann gibt es diese Angebote? Deckt das Angebot die Nachfrage? Antwort: Zum ersten Teil der Frage: siehe Antworten zu Punkt 2. und 3. Zum zweiten Teil der Frage: Das Bezirksamt Pankow fragt jedes Jahr den Fortbildungsbedarf seiner Mitarbeitenden für das kommende Jahr ab. In den vergangenen Jahren und auch aktuell wurde kein Bedarf an Schulungen zum Thema häusliche Gewalt bzw. zum Umgang damit artikuliert. Auch liegen hierzu keine Schulungsanfragen bei den Multiplikator:innen zum Thema vor (z.B. bei der Frauenvertreterin oder der Gleichstellungsbeauftragten). Daher ist davon auszugehen, dass die bestehenden Gruppen- und Einzelangebote sowie die Vernetzung der Multiplikator:innen zum Thema in der Sache ausreichend ist. Sollte sich die Situation bzw. der Bedarf ändern, wäre eine Umsetzung entsprechender Schulungsangebote in Kooperation zwischen dem Personalmanagement, den Multiplikator:innen und externen Fachkräften zügig möglich. Freundliche Grüße Sören Benn Kleine Anfrage auf der BVV-Seite: https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/ka020.asp?KALFDNR=4066