Gastbeitrag von Bezirksstadtrat Cornelius Bechtler

Wir brauchen mehr Jugendorte in Pankow!

Wo gibt es eigentlich in Pankow Orte für Jugendliche und junge Erwachsene? Wie sehen solche Orte aus? Sehr deutlich haben wir während der Corona-Pandemie erfahren, wie wichtig solche Orte für junge Menschen sind. Jugendliche und junge Erwachsene trafen sich vor allen Dingen in Parks. Die Möglichkeit, sich draußen treffen zu können, war eine der wenigen Möglichkeiten, um der Einsamkeit und der sozialen Isolation zu Hause zu entgehen. Wir wissen auch – vielleicht auch noch aus eigener Erfahrung – welche Bedeutung für junge Menschen diese gemeinsamen Treffen für die seelische Gesundheit und die Persönlichkeitsentwicklung in dieser Lebensphase haben.

Als Ältere haben wir – zumindest zeitweise – die mit Corona verbundene Entschleunigung auch als angenehm empfunden. Für Jugendliche sind zwei Jahre in diesem Lebensalter aber eine halbe Ewigkeit: Wenn wir gemeinsam reflektieren, was wir als Gesellschaft aus dieser Zeit gelernt haben sollten, dann ist es sicher das, dass wir uns in Krisenzeiten um unsere Kinder und Jugendlichen viel mehr kümmern müssen. Hier haben wir als Gesellschaft versagt. Jugendorte im öffentlichen Raum gehören daher aus meiner Sicht als Thema und als Zeichen gegenüber den jungen Menschen, dass wir das erkannt haben, ganz oben auf unsere Agenda.

Die beiden Träger Outreach und Gangway, die mit Straßensozialarbeit in Pankow unterwegs sind, haben Jugendliche in ganz Pankow befragt: Durch ihre rege Beteiligung an der Befragung haben sie uns deutlich gemacht, dass das Thema Jugendorte für sie ein sehr wichtiges Thema ist. Dabei haben uns junge Menschen mitgegeben, was ein Jugendort eigentlich so benötigt: Eine paar Bänke zum Sitzen, ein Dach über den Kopf, damit der Ort auch ein wenig witterungsunabhängig ist, ein Mülleimer, damit der Ort auch angenehm sauber bleibt und attraktiv ist und dann noch einen W-LAN-Anschluss. Das Letztere ist gerade für Jugendliche wichtig, die von ihren Eltern keine Flatrate für das Datenvolumen gesponsert kriegen.

Wenn wir schon bei diesem Thema sind: Angestoßen durch Diskussionen zum Klimawandel diskutieren wir über eine gerechtere Verteilung des öffentlichen Raumes in der Stadt. Hier müssen wir uns fragen, wo tauchen eigentlich junge Mensch in unserem Stadtbild auf? Natürlich sehen wir junge Menschen an vielen Stellen in der Stadt. Sie prägen aber nicht das bauliche und gestalterische Bild der Stadt. Graffiti sind vielleicht eine Form der Aneignung des öffentlichen Raums, zumindest eines Teils junger Menschen. Es gibt aber nur wenige Orte in der Stadt, die wir als Jugendorte erkennen und identifizieren können. D.h., es gibt möglicherweise nur wenige Orte, mit den sich junge Menschen auch selbst identifizieren können, weil sie ihre Jugendkulturen, ihre Vorstellung von Gestaltung, ihre Identifikationssymbole widerspiegeln. Darüber möchte ich mit jungen Menschen ins Gespräch kommen, um ihnen den nötigen Raum im öffentlichen Raum zu geben. Das oft glatte, sehr funktionale Design unserer Städte könnten wir durch neue Jugendorte auffrischen und damit jungen Menschen signalisieren, dass sie im öffentlichen Raum ihren Platz haben müssen.

Das Thema Jugendorte hat Potential:  Wir können mit jungen Menschen darüber sprechen und verhandeln, wie Stadt gemeinsam gestaltet werden soll. Wir können partizipativ und Teilhabe ermöglichend Projekte initiieren, die unsere Stadt attraktiver und abwechslungsreicher gestalten lässt. Wir können die neuen Stadtquartiere in Pankow dafür nutzen, die Stadt für morgen zu bauen und zwar, in der junge Menschen im Öffentlichen Raum sichtbar ihren Platz haben.

Auf der To-Do-Liste der Jugendpolitik gehören dazu einige Arbeitspakete: Wir müssen diejenigen unterstützten, die wie die mobile Jugendsozialarbeit den jungen Menschen bei ihrem Anliegen der Jugendorte schon viele Jahre eine Stimme gegeben haben. Es braucht dringend eine Veränderung der Gesetze, die den Bau von Jugendorten bisher verhindern (z.B. das Berliner Grünanlagengesetz oder das Straßengesetz). Hier müssen Jugendorte so verankert werden, dass sie ermöglicht, unterstützt und gefördert werden. Drittens brauchen wir Pilotprojekte, in denen sich junge Menschen zusammen mit Planer:innen verwirklichen können, und damit stadtweit einen sichtbaren Impuls geben für mehr Jugendorte in Berlin.

Cornelius Bechtler