Drucksache - IX-0517

Aufhebung des Bezirksamtsbeschlusses Drucksache IX-0424: Benennung einer öffentlichen Straße im Ortsteil Heinersdorf in „Herta-Hammerbacher-Straße“

Die Bezirksverordnetenversammlung Pankow hebt den Bezirksamtsbeschluss vom 1.11.2022, Drucksache IX-0424, gemäß § 12 Absatz 3 BezVG auf. Das Bezirksamt Pankow wird ersucht, gemäß des „Verfahrens für Neu- bzw. Umbenennungen für Pankower Straßen, Plätze und Orte“, Drucksache VI-1032, Beschluss der BVV vom 5.5.2010 auf Antrag der Fraktionen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP seine Umbenennungsabsicht der Bezirksverordnetenversammlung als Beschlussvorlage vorzulegen.

 

gez. BV Almuth Tharan, BV Hannah Wettig

Begründung

Die Bezirksverordnetenversammlung hat aus gutem Grund ein Verfahren zur Neu- bzw. Umbenennung von Pankower Straßen, Plätzen und Orten beschlossen, dass die Mitwirkung der BVV und gegebenenfalls des Ausschusses für Kultur verlangt. Bei Straßenbenennungen müssen politische Erwägungen einbezogen werden und sie müssen gegebenenfalls politisch abgelehnt werden. Im Fall der Drucksachen IX-0424 erfordert die Benennung nach Herta Hammerbacher dringend eine politische Überprüfung.

Die Gartenarchitektin Herta Hammerbacher wirkte in den 1930er und 40er Jahren im in der Gartenkunst renommierten Bornimer Kreis, der sich am Konzept des Naturgartens nach Willy Lange orientierte. Der Bornimer Kreis entstand um den Gärtner Karl Foerster, der Mitglied der NSDAP war.

In der Zeit des NS erfuhr der Naturgarten eine völkische Aufwertung entsprechend seines Erfinders Willy Lange, der schon seit 1900 den Naturgarten als höchste Stufe des Gartens propagierte und den formalen Garten als quasi minderwertigen gartenkulturellen Ausdruck der „südalpinen“ Rassen diffamierte[1].  Entsprechend erhielt der Bornimer Kreis Aufträge von obersten NS-Stellen. Herta Hammerbacher selbst soll an „kriegswichtigen“ Aufträgen, unter anderem für die Organisation Todt, mitgearbeitet haben.

Herta Hammerbachers älterer Bruder, Hans Wilhelm Hammerbacher, wurde 1934 Mitglied des SA und stieg in der NSDAP-Hierarchie vom Kreisleiter Bregenz bis zum Bereichsleiter Wielun im Reichsgau Wartheland auf. Er hatte Kontakte in höchste Parteikreise, über die er seiner Schwester mehrere Aufträge verschaffte, darunter Hausgärten hoher NS-Funktionäre.

In diesem Zusammenhang erscheint die Aussage von Herta Hammerbacher, sie habe sich in der „inneren Emigration“ befunden zumindest fragwürdig. 

Auch der Fachbereich Museum gibt in seiner Bewertung zu Bedenken: „mit Blick auf ihre ambivalente Arbeitsperiode im NS gibt es aus fachlicher Perspektive auch Argumente gegen eine Benennung.“

Inwiefern Herta Hammerbacher in den NS in einer Weise verstrickt war, der eine Ehrung verbietet, sollte nach weiterer Recherche in den Gremien der BVV diskutiert und von der BVV entschieden werden.


[1] Joachim Wolschke-Bulmahn: Landschaftsarchitektur, Freiräume und ihre Gestaltung in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Jochen Martz und Joachim Wolschke-Bulmahn (Hg.): Zwischen Jägerzaun und Größenwahn – Freiraumgestaltung in Deutschland 1933 – 1945, 2012, S. 12