Drucksache - IX-0654

Biotopholz für Pankower Grünflächen

Das Bezirksamt wird ersucht, bei der Pflege von Pankower Grünflächen verstärkt Tot- und „Biotop“holz zu nutzen bzw. zu erhalten, falls dies der Pflicht zur Verkehrssicherung nicht zuwiderläuft. Das Bezirksamt soll auch bei anderen Flächeneigentümern für diese ökologische Pflege und Aufwertung der Artenvielfalt werben.

Neben dem Erhalt und der Ausweisung von ganzen Habitat- bzw. „Biotopbäumen“ fallen hierunter insbesondere

– der Erhalt von Hochstubben nach bzw. statt Baumfällungen,

– der Erhalt von niedrigen Baumstubben und Austrieben statt kompletter Entfernung,

– die Nutzung von liegendem Totholz (Baumstämmen) für die Abgrenzung von Flächen,

– die Anlage von Totholzhaufen oder Totholzhecken („Benjeshecken“),

– die Nutzung von Totholz für Ersatz- oder Übergangshabitate geschützter Arten,

– der Verbleib bzw. die Nutzung von sonstigem Schnittgut auf der Fläche.

gez. BV Almuth Tharan, BV Hannah Wettig, BV Axel Lüssow


Begründung:

Parks und Grünflächen in Pankow sollen ökologisch gepflegt werden, Orientierung bieten dabei der Artenschutz und das Berliner Handbuch Gute Pflege.

Als „Totholz“ werden stehende und liegende Bäume oder Teile davon bezeichnet, die abgestorben sind – aber wirkungsvoll bleiben. Das Handbuch Gute Pflege gibt an: „Totholz ist ein vielfältig genutzter Lebensraum. Geschnittenes und gesammeltes Totholz, insbesondere heimischer Arten, soll deshalb entsprechend seiner ursprünglichen Exposition (sonnenexponiert oder beschattet) in räumlicher Nähe verbleiben.“ [1].  Die Bezeichnung Totholz schließt Biotopholz, welches aus geschädigten, kranken oder absterbenden Bäumen, Sträuchern und deren Teilen mit ein [2]. Biotopholz kann von zahlreichen Insektengruppen, Säugern wie z.B. Fledermäusen und höhlenbewohnenden Vögeln besiedelt werden. Besiedelte Bereiche können schon kleine Bereiche sein, z.B. tote Äste, starke Äste mit Höhlungen (z.B. durch Spechte), aber auch ganze Stämme mit Kernfäule (mit und ohne Öffnung). [3]

Mit ihren spezifischen Eigenschaften bieten sie vielen Lebewesen einen unverzichtbaren Lebensraum. Für einen Großteil der Wildtiere ist das Biotopholz als Nahrungsquelle, Schlafplatz, Zufluchts- oder sogar Überwinterungsort lebensnotwendig. Damit leisten diese Bäume einen entscheidenden Beitrag für die Artenvielfalt in unserer Stadt.

Maßnahmen mit Totholz bzw. Biotopholz können insbesondere den Biotopverbund (Kern- und Verbindungsflächen, Trittsteine) unterstützen und somit die heimische Tier- und Pflanzenwelt nachhaltig fördern und schützen. Die Biotopverbundplanung Pankow [4,5] besagt als Handlungserfordernisse für die naturnahen Park- und Grünanlagen die „Anlage von vielfältigen Strukturen (u. a. Krautsäume, Sträucher, Totholz)“. Viele Holzinsekten wie der nach der FFH-Richtlinie prioritär zu fördernde Eremit sind an Großhöhlen gebunden, dieser ist eine der Zielarten des Biotopverbunds z.B. im Schlosspark Schönhausen. Die Biotopverbundplanung Pankow gibt hierzu an: „Als Hauptgefährdungsursache sind Baumarbeiten zur Wahrung der Verkehrssicherheit anzusehen.“

Der Fachbericht Artenschutz der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL) gibt an: „Totholz bietet in seinen verschiedenen Ausprägungen je nach Totholztyp (z. B. Totholzast, stehendes, liegendes Totholz) und Zersetzungsgrad zahlreichen besonders geschützten und streng geschützten Arten Lebensraum. Totholz ist aus Sicht des BNatSchG zu erhalten, sofern die Verkehrssicherheit das Entfernen nicht erfordert. Siehe auch ZTV-Baumpflege.“ […] „Dabei dürfen die Erfordernisse der Verkehrssicherungspflichten nicht außer Acht gelassen werden. Beides muss im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zusammengebracht werden.“ […] „Eine generelle, nicht differenzierte Forderung nach Entfernung sämtlichen Totholzes oder der Beseitigung abgestorbener Bäume, ist aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht nicht notwendig.“. […] Sofern Totholz aus einem Baum entfernt wird, ist zu prüfen, ob es in Baumnähe zu losen Haufen aufgestapelt werden kann.“

Die Methode zur Revitalisierung von Bäumen wurde vom Bezirksamt im BVV-Antrag VIII-0861 für Straßenbäume zwar kritisch gewürdigt, das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg gibt jedoch auf dem ähnlichen Antrag 1218/XX an: „Bei Baumstümpfen in Parkanlagen wird diese Methode quasi schon praktiziert, da die Stubben hier nicht entfernt werden.“ – und zumindest dies sollte in Pankow auch praktiziert werden. „Die Höhe des Stumpfes richtet sich typischerweise nach den vorhandenen technischen Möglichkeiten oder dem Abstand zu einer Straße (Verkehrssicherungspflicht). Selbst bei Fällung mit der Motorsäge ist unter Beachtung der Unfallverhütungsvorschriften ein Stumpf von etwa 1 bis 1,2 m Höhe möglich.“ [6]

[1] https://www.berlin.de/sen/uvk/natur-und-gruen/stadtgruen/pflegen-und-unterhalten/handbuch-gute-pflege/

[2] https://www.waldkulturerbe.de/service/wissenswertes/wissenswertes-detail/totholz-fuer-biodiversitaet-und-klimaschutz

[3] https://biotopholz.de/pages/start/das-ist-biotopholz.php

[4] https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/aemter/umwelt-und-naturschutzamt/dokumente/biotopverbund-pankow-stand-10_2016.pdf

[5] https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=5237

[6] https://www.bioholz-projekt.de/FILES/BioHolz-Projekt_LBV_Praxisbroschuere_Totholz_im_Wald.pdf

Antrag auf der BVV-Seite: https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=6596