Drucksache - IX-0655

Wildblumen statt Wüste auf Grünsteifen an Straßenbahnschienen und Straßenbegleitgrün

Das Bezirksamt wird ersucht, in eigener Zuständigkeit umzusetzen bzw. sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass die Grünstreifen an Straßenbahnschienen und auch das Straßenbegleitgrün in den Frühlings- und Sommermonaten mit mehr Berücksichtigung der Biodiversität und der Anpassung an Hitzeperioden reduziert gemäht werden, so lange die Pflicht zur Verkehrssicherung hierdurch nicht beeinträchtigt wird.

Insbesondere sollten die folgenden Maßnahmen, ggf. zuerst in Pilotprojekten, umgesetzt bzw. empfohlen werden:

– die Flächen werden seltener und später als bisher üblich gemäht,
– die Schnitthöhe bei der Mahd wird angehoben,
– auf den Flächen bleiben jeweils breite Altgrasstreifen in der Mitte erhalten,
– das Mähgut bleibt kurzzeitig auf der Fläche,
– auf Mulchen wird verzichtet,
– die Ansiedelung neuer Pflanzenarten wird durch Nachsaaten mit Regionalsaatgut unterstützt.

gez. BV Almuth Tharan, BV Hannah Wettig, BV Silke Gänger, BV Axel Lüssow


Begründung:

Das Grün am Straßenrand erhöht die Lebensqualität in der Stadt, sowohl ästhetisch als auch zur Verbesserung des Stadtklimas und zur Förderung der Biodiversität, wenn es nicht schon vor der Blüte der Wildblumen gemäht wird.

Die Grünbereiche an Straßen und Schienen trocknen durch die in den letzten Jahren zunehmende Hitze vollständig aus. Wenn die Spontanvegetation im Frühjahr und Sommer länger stehen gelassen wird, bilden sich Gräser und Wildblumenwiesen, die für zahlreiche Wildtier- und Insektenarten lebenswichtig sind und so zum Erhalt der Biodiversität beitragen. Zusätzlich kann eine seltener durchgeführte Mahd Kosten einsparen helfen.

Viele Berliner Bezirke praktizieren bereits eine reduzierte Mahd. Das Bezirksamt Mitte fördert mehr Artenvielfalt, stärkt den Natur- und Klimaschutz und macht ihn zugleich erlebbar [9]: „Das Straßen- und Grünflächenamt hat das neue Mahdkonzept in enger Zusammenarbeit mit dem Umwelt- und Naturschutzamt entwickelt. Das Konzept beinhaltet die im Antragstext aufgezählten Maßnahmen.“

Das Straßen- und Grünflächenamt (SGA) Steglitz-Zehlendorf schreibt auf der Website [1]: „Mit einer geringen Schnittfrequenz wird ein wertvoller Beitrag zur biologischen Vielfalt geleistet – dies ist auch wegen der Biodiversität im Stadtbild gewünscht. Es ergibt sich ein positiver Nutzen der Wildkräuter für Flora und Fauna. Wildblumen haben die Möglichkeit sich zu versamen, sodass Bereiche von Jahr zu Jahr bunter werden und Schmetterlinge, Wildbienen und Hummeln Nahrung erhalten.“

Auch in Treptow-Köpenick wird Verkehrsgrün naturnah gepflegt [6]. Ebenso wie in Tempelhof-Schöneberg erfolgt die Mahd der Rasenflächen maximal zweimal im Jahr [7], während Pankow immer noch bis zu dreimal im Jahr mäht [8]. Wird jedoch zu früh gemäht, beispielsweise schon Ende Mai vor der Blüte, könnten viele Arten keine Samen ausbilden. Über die Jahre verschwinden dann die Blühpflanzen und es entsteht eine „grüne Hölle“. [4]

Das Bezirksamt Pankow hat nach dem Ersuchen der BVV die Deklaration „Kommunen für biologische Vielfalt“ [2] unterzeichnet. In der Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt [3] sind Straßenbäume und das Straßenbegleitgrün als eins der Ziele aufgeführt: „‘Grün am Straßenrand’ erhöht in vielerlei Hinsicht die Lebensqualität in der Stadt. Neben seinen ästhetischen und stadtklimatischen Funktionen, leistet es auch wichtige Beiträge zur Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt. So übernehmen schon heute begrünte Verkehrsräume wichtige Biotopverbundfunktionen.“

Das Straßenbegleitgrün könnte den Pankower Biotopverbund unterstützen – im Beschluss des Bezirksamts zur Biotopverbundplanung [4] ist aufgeführt: „Deshalb ist es besonders wichtig, den Biotopverbund in der Innenstadt zu entwickeln. Dort sollten Freiflächen (zumindest teilweise) erhalten bleiben, ihre biotische Qualität erhöht und ihre Anbindung an Freiräume am Stadtrand verbessert werden. Das geschieht am besten über lineare, durchgängige Biotope wie bewachsene Bahn- und Grabenböschungen. Die Verbindungsflächen selbst müssen nicht unbedingt hochwertig sein. Vor allem ihre Lage entscheidet, ob sie für faunistische Wechselbeziehungen und Wanderungsprozesse bedeutsam sind. Klassische Beispiele dafür sind das Begleitgrün von Straßen oder Bahnanlagen und Grün- und Freiflächen im Siedlungsgebiet.“

[1] https://www.berlin.de/ba-steglitz-zehlendorf/politik-und-verwaltung/aemter/strassen-und-gruenflaechenamt/gruenflaechen/aktuelles/artikel.82215.php

[2] https://www.kommbio.de/files/web/doks/download/Deklaration.pdf

[3] https://www.berlin.de/sen/uvk/_assets/natur-gruen/biologische-vielfalt/publikationen/biologische_vielfalt_strategie.pdf

[4] https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/pflanzen/pflanzen-schuetzen/21075.html

[5] https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=5237

[6] https://www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/politik-und-verwaltung/aemter/strassen-und-gruenflaechenamt/gruen/artikel.1258958.php

[7] https://www.berlin.de/ba-tempelhof-schoeneberg/politik-und-verwaltung/aemter/strassen-und-gruenflaechenamt/gruenflaechen/artikel.398551.php

[8] https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/ka020.asp?KALFDNR=4114

[9] https://www.berlin.de/ba-mitte/aktuelles/pressemitteilungen/2023/pressemitteilung.1330871.php