Kleine Anfrage KA-0821/IX Spätverkaufsstellen in Pankow 5. Juni 20245. Juni 2024 Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten: 1. Wie viele sogenannte Spätis existieren im Bezirk Pankow? (bitte nach Postleitzahlen aufschlüsseln) Hierzu liegen keine statistischen Erhebungen vor. Bei den sogenannten „Späti´s“ (als Berner Form) handelt es sich zumeist um Lebensmittel- und/oder Getränkeeinzelhandelsgeschäfte mit einem mehr oder weniger großen Sortiment an Waren des täglichen Bedarfs (früher auch als „Tante-Emma-Läden“ bezeichnet), welche ihr Betriebskonzept auf eine Öffnung in den späten Abend-/Nachtstunden sowie an Sonn- und Feiertagen ausgerichtet haben, nämlich dann, wenn die Verkaufsstellen der – vom Warensortiment her vergleichbar ausgestatteten – Discounter bzw. Supermärkte üblicherweise geschlossen sind. Das Verwaltungsgericht Berlin hat sich in seinem Urteil vom 22.09.2019 (Az.: VG 4 K 357.18) wie folgt positioniert: „Berliner „Späti´s“ sind typischerweise allgemein und unspezifisch auf die Versorgung der näheren Umgebung und nicht auf den spezifischen Bedarf von Touristen ausgerichtet. Deswegen dürfen sie weiterhin sonntags grundsätzlich nicht öffnen.“ Da die Verlängerung/Änderung von Öffnungszeiten nicht der Anzeigepflicht nach § 14 der Gewerbeordnung (GewO) unterliegt, können keine statistischen Erhebungen zur Anzahl der als sogenannte „Späti´s“ geführten Einzelhandelsgeschäfte erstellt werden. Rückwirkend seit Juli 2020 bis aktuell haben Dienstkräfte des Ordnungsamtes regelmäßig Kontrollen in entsprechenden Betrieben durchgeführt. Dabei kristallisierten sich 128 Betriebe als sogenannte „Späti´s“ heraus. 2. Wie viele davon besitzen neben der Anmeldung als Einzelhandelsbetrieb außerdem eine Gaststättengewerbeanmeldung und stellen damit einen Mischbetrieb dar? Auch hierzu liegen keine statistischen Erhebungen vor. Es ist zu unterscheiden zwischen lediglich nach § 14 GewO anzeigepflichtigen und nach § 2 Abs. 1 des Gaststättengesetzes (GastG) erlaubnispflichtigen Gaststätten. Nach vorliegenden Schätzungen kann zwischenzeitlich von einer Quote von 50%, Tendenz steigend, ausgegangen werden. 3. Laut dem vom Bezirksamt erarbeiteten Entwurf für ein Sondernutzungskonzept auf Gehwegen sollen Schankvorgärten zukünftig „vor Ladenlokalen, die als Bäckereien, Fleischereien und Feinkostläden und/oder als Gaststätten im Sinne des §1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 des Gaststättengesetzes betrieben werden“ zulässig sein. Mischbetriebe („Betriebe in denen in Verbindung mit einem Gaststättenbetrieb ein Warensortiment feilgeboten wird, das zumindest in Teilen dem eines herkömmlichen Supermarktes entspricht oder in dem sonstige Waren angeboten werden“) sollen dagegen nur einen eingeschränkten Schankvorgarten von bis zu 5qm und maximal 10 Sitzplätze beantragen können. Aus welchem Grund möchte das Bezirksamt zwischen einem reinen Gaststättenbetrieb und einem Gaststättenbetrieb in Verbindung mit einem Einzelhandelsbetrieb (Mischbetrieb) bei der Genehmigungsfähigkeit von Schankvorgärten einen Unterschied machen? Das Bezirksamt beabsichtigt ausdrücklich nicht, einen Unterschied zwischen einem „reinen“ Gaststättenbetrieb und einem Gaststättenbetrieb in Verbindung mit einem Einzelhandelsbetrieb als sogenanntem „Mischbetrieb“ bei der Genehmigungsfähigkeit von Schankvorgärten zu machen. Anzuwenden ist hier die Gaststättenverordnung (GastV) des Landes Berlin, welche Schankwirtschaften nach § 4 GastV vorgibt, gesonderte Toiletten für Gäste in hinreichender Anzahl vorzuhalten. Über derartige – zusätzliche – Gäste-WC-Anlagen verfügen Mischbetriebe in der Regel jedoch nicht. Bei Schankwirtschaften ohne gesonderte WC-Anlagen für Gäste legt der Gesetzgeber fest, dass maximal 10 Sitzplätze für Gäste zur Verfügung gestellt werden dürfen. Mangels vorhandener Gäste-WC-Anlagen trifft die Regelung der GastV mehrheitlich die sogenannten „Mischbetriebe“. Um 10 Sitzplätze vorzuhalten, werden im Durchschnitt nicht mehr als 5m2 Grundfläche benötigt. Folglich entspricht die o. g. Regelung sowohl den gesetzlichen Vorgaben als auch den tatsächlichen Gegebenheiten und spiegelt lediglich den rechtlichen Rahmen wieder. Dies gilt infolge der hier zumeist vorherrschenden räumlichen Gegebenheiten – wie vorab bereits ausgeführt – vor allem für Mischbetriebe, sodass diese zur Klarstellung und aus Gründen der Rechtssicherheit für Betreiberinnen und Betreiber dieser Betriebe besonders benannt werden. Dabei ist aber unstrittig, dass diese Normen auch für „reine“ Gaststätten rechtlich bindend sind und insofern in beiden Betriebsformen gleichermaßen gefordert werden. 4. Aus welchem Grund stellt die Genehmigungsfähigkeit lediglich eines eingeschränkten Schankvorgartens für einen Gaststättenbetrieb in Verbindung mit einem Einzelhandelsbetrieb (Mischbetrieb) im Gegensatz zu einem reinen Gaststättenbetrieb nicht eine Ungleichbehandlung unter Gaststättenbetrieben dar? Siehe Antwort zu Frage 3. 5. Bisher konnten Spätis in Pankow, sowohl als reiner Einzelhandelsbetrieb als auch als Mischbetrieb in Verbindung mit einem Gaststättenbetrieb, das Aufstellen von Tischen und Stühlen auf dem Gehwegoberstreifen beantragen. Aus welchem Gründen möchte das Bezirksamt von dieser eingeübten Praxis nun abweichen und diese Möglichkeit nur noch Mischbetrieben geben? Sinn und Zweck einer gebührenpflichtigen Ausnahmegenehmigung nach dem Berliner Straßengesetz war und ist die Möglichkeit zur Sondernutzung öffentlichen Straßenlandes durch das Herausstellen von Tischen und Stühlen mit der Absicht, dass Gäste hieran Platz nehmen und sich längere Zeit aufhalten können, um bspw. Speisen und/oder Getränke zu verzehren. Aus der täglichen Praxis sind keine Fälle bekannt, bei denen Einzelhandelsgeschäfte Ausnahmegenehmigungen nach § 46 StVO i.V.m. §§ 11 und 13 BerlStrG für das Aufstellen von Tischen und Stühlen für andere Zwecke beantragt haben. Wer im stehenden Gewerbe Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht, betreibt ein Gaststättengewerbe, wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist (§ 1 GastG). In Verbindung mit einem Einzelhandelsgeschäft handelt es sich hierbei insofern stets um Mischbetriebe. 6. Aus welchem Grund hat sich das Bezirksamt in der aktuellen Entwurfsfassung dafür entschieden, die Beantragung von Tischen, Stühlen und Sitzbänken nur im Rahmen von Schankvorgärten zu genehmigen? An der Genehmigungspraxis ändert sich nichts. Das Herausstellen von Tischen und Sitzgelegenheiten zu Schankzwecken ist gestattet für Gaststätten und Imbissläden/Imbisskiosken. Das war bisher bereits so und soll im Sondernutzungskonzept lediglich noch einmal transparent für jedermann nachlesbar dargestellt werden. 7. Was spricht aus Sicht des Bezirksamtes dagegen, wie im Sondernutzungskonzept des Bezirkes Neukölln festgeschrieben (https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact= 8&ved=2ahUKEwjdgqPe7IOFAxU6_rsIHdlDBwIQFnoECBMQAQ&url=https%3A%2F%2F www.berlin.de%2Fba-neukoelln%2F_assets%2Fdokumente%2Fgesamtkonzept-zu- sondernutzungen-auf-oeffentlichem-strassenland-in- neukoelln.pdf&usg=AOvVaw1N0IWoRGjXJ0NLVMEkPR_V&opi=89978449), Tische, Stühle und Sitzbänke auch unabhängig von einem Schankvorgarten, der an eine Schankerlaubnis geknüpft ist, zu genehmigen? Wie unter 6. bereits erklärt, ist dies Gaststätten und Imbissläden/Imbisskiosken vorbehalten. (entsprechend Tarifstelle 1.3 der Sondernutzungsgebührenverordnung) 8. Wie ist das aktuelle Vorgehen des Bezirksamtes bei genehmigten Schankvorgärten, bei denen es regelmäßig und gehäuft zu Lärmbeschwerden kommt? Durch das Ordnungsamt werden gegen die betroffenen Gewerbetreibenden Ordnungswidrigkeiten-Verfahren eingeleitet und ggf. Geldbußen verhängt. Zudem wird über das Umwelt- und Naturschutzamt eine Prognoserechnung nach dem Landesimmissionsschutzgesetz veranlasst. Wie bei allen anderen Gaststättenbetrieben mit einer vergleichbaren Beschwerdelage, erfolgt erforderlichenfalls die Vorverlegung des Sperrzeitbeginns für den Schankvorgarten auf 22.00 Uhr (Eintritt der Nachtzeit). 9. Kann das Bezirksamt in letzter Konsequenz die Genehmigung des Schankvorgartens nach regelmäßigen und gehäuften Lärmbeschwerden widerrufen? Bei der Beantwortung dieser Frage ist danach zu differenzieren, um welche Genehmigung es sich handelt. Die erforderliche Erlaubnis nach dem Gaststättengesetz ist dann zu widerrufen, wenn Erlaubnisinhaberinnen bzw. Erlaubnisinhaber nachhaltig ihre Berufsausübungspflichten verletzen, bspw. also ihren Betrieb entgegen einer lärmbedingt erteilten Auflage zur Vorverlegung des Sperrzeitbeginns nach 22.00 Uhr unerlaubt geöffnet halten. Die erteilte Ausnahmegenehmigung nach StVO kann bspw. widerrufen werden, wenn gegen die Auflagen aus dieser Ausnahmegenehmigung verstoßen wird oder wenn die Flächen für andere Zwecke benötigt werden, z. B. Baustellen auf der Straße u. ä. 10. Wenn Frage 9 nein, warum nicht? Wenn Frage 9 ja, wie oft hat das Bezirksamt in den vergangenen 5 Jahren (bitte nach einzelnen Jahren aufschlüsseln) nach Beschwerden die Genehmigung eines Schankvorgartens widerrufen? Bei der Beantwortung dieser Frage ist danach zu differenzieren, um welche Genehmigung es sich handelt. Aus Sicht des Gaststätten-/Gewerberechts lautet die Antwort unter Hinweis auf die Beantwortung der Frage 11: In keinem einzigen Fall. Über Widerrufe von Ausnahmegenehmigungen nach StVO werden keine Statistiken geführt. 11. Wenn Frage 9 ja und keine Genehmigung eines Schankvorgartens widerrufen wurde: Aus welchen Gründen wurde keine Genehmigung widerrufen? Die Tendenz zur Umgehung der Bestimmungen des Berliner Ladenöffnungsgesetzes (BerlLadÖffG) durch Beantragung einer Gaststättenerlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG und der damit in einigen Fällen einhergehenden massiven Lärmbelästigungen für Anwohnende ist erst seit der Corona-Pandemie überhaupt ersichtlich geworden. Folglich wurde und wird auch heute noch verstärkt der generell unerlaubte Betrieb einer Schankwirtschaft im Rahmen von Ordnungswidrigkeiten-Verfahren als Zuwiderhandlung gegen das GastG geahndet und bei fortwährenden Verstößen das Verfahren eingeleitet, den unerlaubten Betrieb der Schankwirtschaft unter Rückgriff auf § 15 Abs. 2 GewO zu untersagen. Zudem steht bei fortwährenden Zuwiderhandlungen gegen die Pflicht zur Einhaltung des GastG und der GewO die Frage der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit mit der Folge einer Gewerbeuntersagung als „Volluntersagung“ nach § 35 Abs. 1 GewO im Raum. Vor Abschluss derartiger ordnungsbehördlicher Maßnahmen kommt es regelmäßig zu einem Inhaberwechsel mit der Folge, dass die Durchführung entsprechender Maßnahmen in dem beanstandeten Objekt zunächst nicht mehr in Betracht kommt. Wie unter 9. bereits erläutert, können Ausnahmegenehmigung nach StVO widerrufen werden, wenn gegen die Auflagen aus dieser Ausnahmegenehmigung verstoßen werden oder wenn die Flächen für andere Zwecke benötigt werden. 12. Ist es richtig, dass Gaststätten gemäß GastV §4 bei einer Aufenthaltsfläche von höchstens 50qm und nicht mehr als zehn Sitzplätzen keine Toilette für Gäste bereitstellen müssen, auch wenn sie alkoholische Getränke ausschenken? Wenn nein, warum nicht? Ja. 13. Wird in Pankow bei der Erteilung von Gaststättenerlaubnissen die in §4 der Berliner Gaststättenverordnung verankerte Ausnahme von der Pflicht, Toiletten vorzuhalten, im Regelfall angewandt? Ja. 14. Wenn Frage 13 nein, warum nicht? Entfällt