Kleine Anfrage KA-0821/IX

Spätverkaufsstellen in Pankow

Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten:
1. Wie viele sogenannte Spätis existieren im Bezirk Pankow? (bitte nach Postleitzahlen
aufschlüsseln)

Hierzu liegen keine statistischen Erhebungen vor. Bei den sogenannten „Späti´s“ (als
Berner Form) handelt es sich zumeist um Lebensmittel- und/oder
Getränkeeinzelhandelsgeschäfte mit einem mehr oder weniger großen Sortiment an
Waren des täglichen Bedarfs (früher auch als „Tante-Emma-Läden“ bezeichnet),
welche ihr Betriebskonzept auf eine Öffnung in den späten Abend-/Nachtstunden sowie
an Sonn- und Feiertagen ausgerichtet haben, nämlich dann, wenn die Verkaufsstellen
der – vom Warensortiment her vergleichbar ausgestatteten – Discounter bzw.
Supermärkte üblicherweise geschlossen sind.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat sich in seinem Urteil vom 22.09.2019 (Az.: VG 4 K
357.18) wie folgt positioniert:
„Berliner „Späti´s“ sind typischerweise allgemein und unspezifisch auf die Versorgung
der näheren Umgebung und nicht auf den spezifischen Bedarf von Touristen
ausgerichtet. Deswegen dürfen sie weiterhin sonntags grundsätzlich nicht öffnen.“
Da die Verlängerung/Änderung von Öffnungszeiten nicht der Anzeigepflicht nach § 14
der Gewerbeordnung (GewO) unterliegt, können keine statistischen Erhebungen zur
Anzahl der als sogenannte „Späti´s“ geführten Einzelhandelsgeschäfte erstellt werden.
Rückwirkend seit Juli 2020 bis aktuell haben Dienstkräfte des Ordnungsamtes
regelmäßig Kontrollen in entsprechenden Betrieben durchgeführt. Dabei kristallisierten
sich 128 Betriebe als sogenannte „Späti´s“ heraus.

2. Wie viele davon besitzen neben der Anmeldung als Einzelhandelsbetrieb außerdem
eine Gaststättengewerbeanmeldung und stellen damit einen Mischbetrieb dar?

Auch hierzu liegen keine statistischen Erhebungen vor. Es ist zu unterscheiden zwischen
lediglich nach § 14 GewO anzeigepflichtigen und nach § 2 Abs. 1 des
Gaststättengesetzes (GastG) erlaubnispflichtigen Gaststätten. Nach vorliegenden
Schätzungen kann zwischenzeitlich von einer Quote von 50%, Tendenz steigend,
ausgegangen werden.

3. Laut dem vom Bezirksamt erarbeiteten Entwurf für ein Sondernutzungskonzept auf
Gehwegen sollen Schankvorgärten zukünftig „vor Ladenlokalen, die als Bäckereien,
Fleischereien und Feinkostläden und/oder als Gaststätten im Sinne des §1 Abs. 1 Nr. 1
und Nr. 2 des Gaststättengesetzes betrieben werden“ zulässig sein. Mischbetriebe
(„Betriebe in denen in Verbindung mit einem Gaststättenbetrieb ein Warensortiment
feilgeboten wird, das zumindest in Teilen dem eines herkömmlichen Supermarktes
entspricht oder in dem sonstige Waren angeboten werden“) sollen dagegen nur einen
eingeschränkten Schankvorgarten von bis zu 5qm und maximal 10 Sitzplätze
beantragen können. Aus welchem Grund möchte das Bezirksamt zwischen einem reinen
Gaststättenbetrieb und einem Gaststättenbetrieb in Verbindung mit einem
Einzelhandelsbetrieb (Mischbetrieb) bei der Genehmigungsfähigkeit von
Schankvorgärten einen Unterschied machen?
Das Bezirksamt beabsichtigt ausdrücklich nicht, einen Unterschied zwischen einem
„reinen“ Gaststättenbetrieb und einem Gaststättenbetrieb in Verbindung mit einem
Einzelhandelsbetrieb als sogenanntem „Mischbetrieb“ bei der Genehmigungsfähigkeit
von Schankvorgärten zu machen. Anzuwenden ist hier die Gaststättenverordnung
(GastV) des Landes Berlin, welche Schankwirtschaften nach § 4 GastV vorgibt,
gesonderte Toiletten für Gäste in hinreichender Anzahl vorzuhalten. Über derartige –
zusätzliche – Gäste-WC-Anlagen verfügen Mischbetriebe in der Regel jedoch nicht. Bei
Schankwirtschaften ohne gesonderte WC-Anlagen für Gäste legt der Gesetzgeber fest,
dass maximal 10 Sitzplätze für Gäste zur Verfügung gestellt werden dürfen. Mangels
vorhandener Gäste-WC-Anlagen trifft die Regelung der GastV mehrheitlich die
sogenannten „Mischbetriebe“. Um 10 Sitzplätze vorzuhalten, werden im Durchschnitt
nicht mehr als 5m2 Grundfläche benötigt.
Folglich entspricht die o. g. Regelung sowohl den gesetzlichen Vorgaben als auch den
tatsächlichen Gegebenheiten und spiegelt lediglich den rechtlichen Rahmen wieder.
Dies gilt infolge der hier zumeist vorherrschenden räumlichen Gegebenheiten – wie
vorab bereits ausgeführt – vor allem für Mischbetriebe, sodass diese zur Klarstellung und
aus Gründen der Rechtssicherheit für Betreiberinnen und Betreiber dieser Betriebe
besonders benannt werden. Dabei ist aber unstrittig, dass diese Normen auch für
„reine“ Gaststätten rechtlich bindend sind und insofern in beiden Betriebsformen
gleichermaßen gefordert werden.

4. Aus welchem Grund stellt die Genehmigungsfähigkeit lediglich eines eingeschränkten
Schankvorgartens für einen Gaststättenbetrieb in Verbindung mit einem
Einzelhandelsbetrieb (Mischbetrieb) im Gegensatz zu einem reinen Gaststättenbetrieb
nicht eine Ungleichbehandlung unter Gaststättenbetrieben dar?
Siehe Antwort zu Frage 3.

5. Bisher konnten Spätis in Pankow, sowohl als reiner Einzelhandelsbetrieb als auch als
Mischbetrieb in Verbindung mit einem Gaststättenbetrieb, das Aufstellen von Tischen
und Stühlen auf dem Gehwegoberstreifen beantragen. Aus welchem Gründen möchte
das Bezirksamt von dieser eingeübten Praxis nun abweichen und diese Möglichkeit nur
noch Mischbetrieben geben?
Sinn und Zweck einer gebührenpflichtigen Ausnahmegenehmigung nach dem Berliner
Straßengesetz war und ist die Möglichkeit zur Sondernutzung öffentlichen Straßenlandes
durch das Herausstellen von Tischen und Stühlen mit der Absicht, dass Gäste hieran
Platz nehmen und sich längere Zeit aufhalten können, um bspw. Speisen und/oder
Getränke zu verzehren. Aus der täglichen Praxis sind keine Fälle bekannt, bei denen
Einzelhandelsgeschäfte Ausnahmegenehmigungen nach § 46 StVO i.V.m. §§ 11 und 13
BerlStrG für das Aufstellen von Tischen und Stühlen für andere Zwecke beantragt haben.
Wer im stehenden Gewerbe Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und
Stelle verabreicht, betreibt ein Gaststättengewerbe, wenn der Betrieb jedermann oder
bestimmten Personenkreisen zugänglich ist (§ 1 GastG). In Verbindung mit einem
Einzelhandelsgeschäft handelt es sich hierbei insofern stets um Mischbetriebe.

6. Aus welchem Grund hat sich das Bezirksamt in der aktuellen Entwurfsfassung dafür
entschieden, die Beantragung von Tischen, Stühlen und Sitzbänken nur im Rahmen von
Schankvorgärten zu genehmigen?
An der Genehmigungspraxis ändert sich nichts. Das Herausstellen von Tischen und
Sitzgelegenheiten zu Schankzwecken ist gestattet für Gaststätten und
Imbissläden/Imbisskiosken. Das war bisher bereits so und soll im
Sondernutzungskonzept lediglich noch einmal transparent für jedermann nachlesbar
dargestellt werden.

7. Was spricht aus Sicht des Bezirksamtes dagegen, wie im Sondernutzungskonzept des
Bezirkes Neukölln festgeschrieben
(https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=
8&ved=2ahUKEwjdgqPe7IOFAxU6_rsIHdlDBwIQFnoECBMQAQ&url=https%3A%2F%2F
www.berlin.de%2Fba-neukoelln%2F_assets%2Fdokumente%2Fgesamtkonzept-zu-
sondernutzungen-auf-oeffentlichem-strassenland-in-
neukoelln.pdf&usg=AOvVaw1N0IWoRGjXJ0NLVMEkPR_V&opi=89978449), Tische,
Stühle und Sitzbänke auch unabhängig von einem Schankvorgarten, der an eine
Schankerlaubnis geknüpft ist, zu genehmigen?
Wie unter 6. bereits erklärt, ist dies Gaststätten und Imbissläden/Imbisskiosken
vorbehalten. (entsprechend Tarifstelle 1.3 der Sondernutzungsgebührenverordnung)

8. Wie ist das aktuelle Vorgehen des Bezirksamtes bei genehmigten Schankvorgärten, bei
denen es regelmäßig und gehäuft zu Lärmbeschwerden kommt?
Durch das Ordnungsamt werden gegen die betroffenen Gewerbetreibenden
Ordnungswidrigkeiten-Verfahren eingeleitet und ggf. Geldbußen verhängt. Zudem wird
über das Umwelt- und Naturschutzamt eine Prognoserechnung nach dem
Landesimmissionsschutzgesetz veranlasst. Wie bei allen anderen Gaststättenbetrieben
mit einer vergleichbaren Beschwerdelage, erfolgt erforderlichenfalls die Vorverlegung
des Sperrzeitbeginns für den Schankvorgarten auf 22.00 Uhr (Eintritt der Nachtzeit).

9. Kann das Bezirksamt in letzter Konsequenz die Genehmigung des Schankvorgartens
nach regelmäßigen und gehäuften Lärmbeschwerden widerrufen?
Bei der Beantwortung dieser Frage ist danach zu differenzieren, um welche
Genehmigung es sich handelt.
Die erforderliche Erlaubnis nach dem Gaststättengesetz ist dann zu widerrufen, wenn
Erlaubnisinhaberinnen bzw. Erlaubnisinhaber nachhaltig ihre Berufsausübungspflichten
verletzen, bspw. also ihren Betrieb entgegen einer lärmbedingt erteilten Auflage zur
Vorverlegung des Sperrzeitbeginns nach 22.00 Uhr unerlaubt geöffnet halten.
Die erteilte Ausnahmegenehmigung nach StVO kann bspw. widerrufen werden, wenn
gegen die Auflagen aus dieser Ausnahmegenehmigung verstoßen wird oder wenn die
Flächen für andere Zwecke benötigt werden, z. B. Baustellen auf der Straße u. ä.

10. Wenn Frage 9 nein, warum nicht? Wenn Frage 9 ja, wie oft hat das Bezirksamt in den
vergangenen 5 Jahren (bitte nach einzelnen Jahren aufschlüsseln) nach Beschwerden
die Genehmigung eines Schankvorgartens widerrufen?
Bei der Beantwortung dieser Frage ist danach zu differenzieren, um welche
Genehmigung es sich handelt. Aus Sicht des Gaststätten-/Gewerberechts lautet die
Antwort unter Hinweis auf die Beantwortung der Frage 11: In keinem einzigen Fall.
Über Widerrufe von Ausnahmegenehmigungen nach StVO werden keine Statistiken
geführt.

11. Wenn Frage 9 ja und keine Genehmigung eines Schankvorgartens widerrufen wurde:
Aus welchen Gründen wurde keine Genehmigung widerrufen?
Die Tendenz zur Umgehung der Bestimmungen des Berliner Ladenöffnungsgesetzes
(BerlLadÖffG) durch Beantragung einer Gaststättenerlaubnis nach § 2 Abs. 1 GastG
und der damit in einigen Fällen einhergehenden massiven Lärmbelästigungen für
Anwohnende ist erst seit der Corona-Pandemie überhaupt ersichtlich geworden.
Folglich wurde und wird auch heute noch verstärkt der generell unerlaubte Betrieb einer
Schankwirtschaft im Rahmen von Ordnungswidrigkeiten-Verfahren als Zuwiderhandlung
gegen das GastG geahndet und bei fortwährenden Verstößen das Verfahren
eingeleitet, den unerlaubten Betrieb der Schankwirtschaft unter Rückgriff auf § 15 Abs. 2
GewO zu untersagen. Zudem steht bei fortwährenden Zuwiderhandlungen gegen die
Pflicht zur Einhaltung des GastG und der GewO die Frage der gewerberechtlichen
Unzuverlässigkeit mit der Folge einer Gewerbeuntersagung als „Volluntersagung“ nach
§ 35 Abs. 1 GewO im Raum. Vor Abschluss derartiger ordnungsbehördlicher
Maßnahmen kommt es regelmäßig zu einem Inhaberwechsel mit der Folge, dass die
Durchführung entsprechender Maßnahmen in dem beanstandeten Objekt zunächst nicht
mehr in Betracht kommt.
Wie unter 9. bereits erläutert, können Ausnahmegenehmigung nach StVO widerrufen
werden, wenn gegen die Auflagen aus dieser Ausnahmegenehmigung verstoßen werden
oder wenn die Flächen für andere Zwecke benötigt werden.

12. Ist es richtig, dass Gaststätten gemäß GastV §4 bei einer Aufenthaltsfläche von
höchstens 50qm und nicht mehr als zehn Sitzplätzen keine Toilette für Gäste
bereitstellen müssen, auch wenn sie alkoholische Getränke ausschenken? Wenn nein,
warum nicht?
Ja.

13. Wird in Pankow bei der Erteilung von Gaststättenerlaubnissen die in §4 der Berliner
Gaststättenverordnung verankerte Ausnahme von der Pflicht, Toiletten vorzuhalten, im
Regelfall angewandt?
Ja.

14. Wenn Frage 13 nein, warum nicht?
Entfällt