Drucksache - IX-0758

Spielplätze als gesunde und kühle Oasen Pankows für naturnahes Spiel

Das Bezirksamt wird ersucht Spielplätze aufgrund der zunehmenden Hitzeperioden als kühle und naturnahe Oasen zu planen bzw. umzugestalten, damit Großeltern Kinder ohne Gefährdung beim Spielen begleiten können, durch Hitze nicht die Aufenthaltsqualität und Nutzbarkeit auch durch Kleinkinder eingeschränkt wird und Vogelstimmen die Lebensqualität erhöhen.

Dazu soll das Bezirksamt insbesondere die folgenden Punkte beachten:

  • Hitzeschutz durch bevorzugt natürliche Hitzeanpassung wie Grünvolumen durch großkronige Bäume und Sträucher, aber auch andere Maßnahmen wie Sonnensegel
  • neben der Ausweisung und Umsetzung von Naturerfahrungsräumen die Gestaltung von Spielplätzen für Naturerlebnis und Naturerfahrung als Gleichzeitigkeit von Stadtnatur und Spiel
  • naturnahe Gestaltung, insbesondere bei der Neuausweisung von Spielplätzen in Grünanlagen oder Schutzgebieten, als Förderung einer breiten Biodiversität durch entsprechende Auswahl von Gehölzen und Pflanzlisten mit heimischen Arten
  • geschützte Arten, die im umliegenden Grün- oder Siedlungsgebiet bestehen bzw. sich neu ansiedeln lassen z.B. durch Nistkästen gezielt zu unterstützen („Animal Aided Design“)

Spielplatzflächen sollen als Bestandteil der grünen Infrastruktur auch anhand des StEP Klima, der Charta für das Berliner Stadtgrün, der Strategie Biologische Vielfalt, der Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ sowie des Biotopverbunds ausgerichtet werden und neben der Hitze auch den Verlust von Biodiversität adressieren.

Das Bezirksamt soll prüfen, ob Förderungen aus den Programmen „Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm“, „Natürlicher Klimaschutz für Kommunen“ und/oder „Bundesprogramm Biologische Vielfalt“ infrage kommen und wird ersucht, die im Antrag beschriebenen Ziele für Spielplätze in entsprechende Förderanträge aufzunehmen.

gez. BV Almuth Tharan, BV Hannah Wettig, BV Axel Lüssow


Begründung:

Hitze stellt eine immer größere Gefahr dar – die zudem unterschätzt werden kann, weil die Auswirkungen nicht nur der akute „Hitzeschlag“ sind, sondern versteckte und verzögerte Auswirkungen kein klar definiertes Diagnosebild haben. Die fatale Auswirkung von Hitze wird jedoch deutlich, wenn die Sterblichkeit mit Hitzetagen korreliert wird. Im Arbeitsleben müssen ab 30 Grad Maßnahmen gegen die Hitze getroffen werden, ab 35 Grad ist eine reguläre Arbeit gar nicht mehr zulässig. Eine besondere Gefährdung durch körperliche Betätigung oder für vulnerable Gruppen wie Schwangere besteht sogar bereits ab 26 Grad. Auch Kleinkinder sind bei Hitze besonders gefährdet.

Der neue Stadtentwicklungsplan Klima 2.0 enthält Handlungsansätze, auch Spielplätze als Teil der städtischen Grün- und Freiräume für mehr Kühlung zu optimieren. Nur Entsiegelung allein erzeugt nicht ausreichend Kühlung, denn Wiesen- oder Rasenflächen verdunsten nach längeren Hitzeperioden wenig Wasser. Grünvolumen aus großkronigen Bäumen und Sträuchern hat die dreifache Funktion von Filtrierung, Verschattung und Verdunstung– ersatzweise kann und sollte zumindest durch künstliche Sonnensegel Schatten erzeugt werden.

Spielplätze sind oftmals Teil von Grünanlagen, Schulhöfen oder sogar Schutzgebieten. Eine natürliche Klimaanpassung bietet die Chance, diese Flächen neben der Kühlung möglichst gleichzeitig als Unterstützung für weitere vom Klimawandel betroffene Ziele Berlins und Pankows zu nutzen. Pankow hat die Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ unterzeichnet (vgl. BVV-Beschluss VIII-0402), die neben dem Erhalt naturnaher Flächen im Siedlungsbereich die Nutzung bestehender Potenziale zur Schaffung von naturnahen Flächen und Naturerlebnisräumen innerhalb des Siedlungsraumes auch im Hinblick auf die Anpassung an den Klimawandel vorsieht. Der Überschnitt mit Spielplätzen wird besonders deutlich, wenn bestehende naturnah gepflegte Grünanlagen zu Spielplätzen gewandelt werden, oder Spielplätze innerhalb von Schutzgebieten entstehen sollen. Eine insektenfreundliche Auswahl von Bepflanzungen sind ein wichtiger Teil von Biodiversität, aber auch andere Arten wie z.B. Vögel sollten gezielt unterstützt werden (vgl. BVV-Beschluss IX-0561).

Die Charta für das Berliner Stadtgrün beschreibt, dass Spielmöglichkeiten im Freien eine hohe Bedeutung für die körperliche, geistige und soziale Entwicklung von Kindern haben. Daher ist es wichtig, Spiellandschaften, Naturerlebnis- und Naturerfahrungsräume zu schaffen, die Kindern und Jugendlichen auch in einer Großstadt ermöglichen, Natur zu erfahren und sich in ihr zu bewegen. Die Charta sieht vor, bei der Entwicklung von Wohnbauprojekten Spiellandschaften und Naturerlebnis- und Erfahrungsräume zu integrieren, und bei neuen Grünanlagen mindestens zehn Prozent der Fläche als Naturerfahrungsräume zur Verfügung zu stellen. Doch auch bei bestehenden Flächen sollten Kindern und Jugendlichen auch im bereits verdichteten Bereich Pankows ermöglicht werden, Natur zu erfahren und sich in ihr zu bewegen – dies macht es notwendig, auch bestehende öffentliche Flächen entsprechend zu qualifizieren. Das Handlungsprogramm der Charta enthält eine Qualitätsoffensive für Spielplätze, um die Gestalt- und Nutzungsqualität entsprechend zu steigern.

Der Biotopverbund ist Teil sowohl des Berliner Naturschutzgesetzes als auch in der Strategie Biologische Vielfalt. Die naturnahen Park- und Grünanlagen bildet das Rückgrat für den Naturschutz innerhalb des städtisch geprägten Raumes (vgl. Pankower Biotopverbundplanung 2016), die Grünanlagen mit entsprechenden Biotopstrukturen wie Gehölzen sind Entwicklungs-, Verbindungs- oder sogar Kernflächen – und damit auch die Spielplätze, die in diesen Grünanlagen und Schutzgebieten liegen oder in Zukunft ausgewiesen werden sollen. Die Planung von 2016 ist jedoch unvollständig, da die notwendigen Grünflächenbestandsanalysen nur als notwendig ausgewiesen, aber bisher nicht durchgeführt wurden,

Die DIN „Spielplätze und Freiräume zum Spielen – Anforderungen für Planung, Bau und Betrieb“ würdigt die Bereiche zur Förderung der Naturerlebnisse als besonders wertvoll für die spielerische Erlebbarkeit von Flora und Fauna – sie bieten vielfältige naturnahe Möglichkeiten für kreatives Spiel, die bei „konventionell“ gestalteten Spielplätzen meist nicht vorhanden sind [Playground@Landscape 6/2018]. Die DIN 18034-1:2020-10 wurde zugunsten von Stadtnatur und Risikokompetenz ausgerichtet: „Die Auseinandersetzung mit Pflanzen, muss von daher ein wesentlicher Bestandteil der Naturerziehung sein. Schon im Kindesalter muss daher mit der objektiven Auseinandersetzung um Nutzen und Risiken beim Umgang mit Pflanzen begonnen werden. Ziel muss sein, den Kindern frühzeitig einen verantwortungsvollen Umgang mit der Natur zu vermitteln“ [DIN e.V. 12/2020] – ein Ziel, das effektiv nicht nur in den begrenzten und relativ weit entfernten Flächen der Berliner Forsten umgesetzt werden kann.

Die aktuelle Trennung zwischen dem Konzept für Naturerfahrungsräumen (Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben via Stiftung Naturschutz) und sonstigen Spielplätzen erschwert die Nutzung von Elementen der Klimaanpassung und Biodiversität für naturnahe Spielplätze. Bisher gibt es nur den NER in Buch sowie die seit knapp einem Jahrzehnt stockende Planung für das „Nasse Dreieck“ (vgl. BVV-Beschluss VIII-1489) – zu wenig, um den Bedarf nach naturnahem Spiel zu decken. Es ist daher erforderlich, dass das Bezirksamt alle Möglichkeiten für flexiblere Lösungen nutzt.