Drucksache - IX-0941 Pankow sagt ja zur Windkraft 5. Juni 20245. Juni 2024 Das Bezirksamt wird ersucht, sich gegenüber der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen dafür einzusetzen, zusätzliche Flächen für die Nutzung von Windenergie in Pankow auszuweisen und dadurch den Beitrag Pankows zur Erreichung der Berliner Ausbauziele gem. Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) zu erhöhen. Für die Errichtung weiterer Windkraftanlagen sollen insbesondere Potenzialflächen mit möglichst geringem Konfliktrisiko bei Natur- und Artenschutz, Kompensationsmaßnahmen und Erholungsnutzung, wie zum Beispiel die Nutzung von aktuellen oder zukünftigen Gewerbegebieten, in Betracht gezogen werden. Dem Bezirksamt wird ergänzend empfohlen, sich bei der Senatsverwaltung dafür einzusetzen, dass neben dem Landschaftsprogramm auch die Biotopverbundplanung Pankow bei der Bewertung des Konfliktrisikos einbezogen wird und der Konfliktrisikowert erhöht wird, falls es bei der Zerschneidung von linearen Verbindungen durch eine Windkraftanlage keine alternativen Biotopverbund-Verbindungen gibt, beim Konfliktrisikowert von (potenziellen, zukünftigen) Erholungsflächen die Bedarfe aller künftigen Stadtentwicklungsprojekte in Pankow betrachtet werden, selbst wenn diese noch nicht den in der Studie festgelegten minimalen formalen Planungsfortschritt erreicht haben, technische Lösungen wie automatische Abschalteinrichtungen für die Minimierung des Zielkonflikts mit dem Artenschutz genutzt und weiterentwickelt werden, für die Detailanalyse bei Artenschutzkonflikten wie mit Vogellebensräumen und Fledermausquartieren durch die Senatsverwaltung rechtzeitig eine ausreichende Kartierung erstellt wird bzw. dem Bezirk die Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, diese Kartierungen selbst vornehmen zu können. gez. BV Almuth Tharan, BV Christoph Göring, BV Axel Lüssow Begründung: Bis 2045 soll Berlin klimaneutral sein. Dafür muss die Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 70 Prozent und in den folgenden Jahrzehnten um über 95 Prozent im Vergleich zu der Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen des Jahres 1990 verringert werden. Diese ambitionierten Ziele lassen sich unter anderem nur erreichen, wenn alle nachhaltigen Möglichkeiten genutzt werden, um auf erneuerbare Energien umzusteigen. Die Bundesregierung beabsichtigt in diesem Zusammenhang den Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch bis 2030 auf mindestens 80 % zu erhöhen. Einen wesentlichen Beitrag hierzu soll der Ausbau der Windenergie an Land erbringen. Gem. Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) ist Berlin verpflichtet, 0,5 Prozent der Landesfläche (rund 446 ha) als Windenergiegebiete auszuweisen. Stadtstaaten können nach dem Gesetz ihr festgesetztes Flächenziel um bis zu 75 Prozent (für Berlin ca. 334 ha) kompensieren, indem sie Flächen eines anderen Bundeslands, das den eigenen Flächenbeitragswert übererfüllt hat, anteilig durch einen Staatsvertrag übertragen. Berlin ist gleichwohl verpflichtet, mindestens die übrigen rund 112 ha als Windenergiegebiet auszuweisen. Eine Nichterfüllung des Gesetzes durch Berlin würde bedeuten, dass der Bund diese Flächen festlegt. Berlin muss seine Hausaufgaben machen und zügig mindestens die Minimalanforderungen erfüllen. Mit sechs in Betrieb befindlichen Windkraftanlagen leistet Pankow zwar bereits heute einen fundamentalen Beitrag zur Nutzung der Windenergie in Berlin, die bereits bestehenden Anlagen werden gleichwohl nicht in das neue Flächenziel gem. WindBG einberechnet. Unabhängig davon existieren im Bezirk weitere Potentialflächen für Windkraftanlagen, durch deren Nutzung der Bezirk seinen Beitrag erhöhen und dadurch für mehr Klimaschutz sorgen kann. Die sich derzeit in Pankow in der Planung befindenden Gewerbegebiete sollten im Besonderen in die Abwägung zur teilweisen Nutzung für Windkraftanlagen einbezogen werden. In der Studie „Windenergienutzung in Berlin – Prüfkulisse für den Flächenbeitragswert“, die im Auftrag der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe erstellt wurde, wurden Anfang 2024 mehrere Flächen in Pankow identifiziert, die als theoretische Potenzialflächen für Windkraftanlagen beschrieben wurden. [1] Damit wurde erstmals eine evidenzbasierte Basis für weitere Verfahren und die Grundlage für eine sachliche Debatte geschaffen. Für den überwiegenden Anteil dieser Potenzialflächen stellt die Studie fest, dass ein sehr hohes und in vielen Fällen sich überlagerndes Konfliktrisiko besteht. Ein effektiver Klimaschutz ist auch eine Voraussetzung für nachhaltigen Artenschutz, denn die schnelle Erwärmung der Erde beschleunigt den globalen Verlust an Artenvielfalt. Oftmals verhindert der schnell voranschreitende Klimawandel, dass sich Arten anpassen oder in neue Regionen migrieren können. [2] Um die besondere Schutzbedürftigkeit von Flora und Fauna in Pankow und in den hier ausgewiesenen Schutzgebieten, so insbesondere auch in Wäldern, zu unterstreichen, ist es politisch zudem zweckmäßig, die Einrichtung von Windenergiegebieten auf oder in der unmittelbaren Nähe zu diesen Flächen besonders kritisch zu prüfen. Mit der vorliegenden Drucksache soll der Pankower Öffentlichkeit verdeutlicht werden, dass sich die Bezirksverordnetenversammlung Pankow für eine die Potentiale bestmöglich ausschöpfende und nachhaltige Nutzung von Windkraft in Pankow ausspricht. Das Bezirksamt wird hierdurch in seinen Handlungsspielräumen gestärkt, im Rahmen von anstehenden Detailanalysen und ortsbezogenen Einzelfallbewertung verschiedene Konfliktrisiken abzuwägen und fachlich fundiert die zuständige Senatsverwaltung im Entscheidungsprozess zu unterstützen. [1] https://www.berlin.de/sen/web/presse/pressemitteilungen/2024/pressemitteilung.1403204.php [2] https://www.br.de/nachrichten/wissen/erderwaermung-wie-haengen-klimaschutz-und-artenschutz-zusammen,SyMiUMT