Drucksache - IX-0028

Überprüfung der Bezirksverordneten zur Feststellung einer hauptamtlichen oder inoffiziellen Tätigkeit für das MfS/AfNS

Die Bezirksverordneten der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin werden hinsichtlich einer Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und des Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS) überprüft.

Dabei wird wie folgt verfahren:

  1. Der Vorsteher der BVV reicht umgehend nach diesem Beschluss Überprüfungsanträge für alle Bezirksverordneten, die am 1. April 1990 mindestens das 18. Lebensjahr vollendet haben, bei der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR ein.
  2. Die BVV bildet unter Leitung ihres Vorstehers ein Vertrauensgremium, welches aus jeweils einem Mitglied jeder Fraktion besteht.
  3. Dieses Vertrauensgremium sichtet gemeinsam mit dem Vorsteher den Rücklauf der oben genannten Anträge.
  4. Der Vorsteher stellt bei Bezirksverordneten, bei denen es Hinweise zu einer hauptamtlichen oder inoffiziellen Tätigkeit gibt, die erhaltenen Unterlagen dem Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur mit der Bitte zur Verfügung, eine Stellungnahme zur Einschätzung der Rolle der für das MfS tätigen Bezirksverordneten der IX. Wahlperiode zu erstellen.
  5. Die Mitglieder des Vertrauensgremiums haben die Möglichkeit, diese Stellungnahmen einzusehen. Bezirksverordnete, die für das MfS tätig waren, wird ebenfalls die Möglichkeit der Einsichtnahme in die erhaltenen Unterlagen und in die Stellungnahme gegeben und sie werden im Vertrauensgremium gehört.
  6. Spätestens einen Monat nach Eingang der Ergebnisse werden in nichtöffentlicher Sitzung der BVV die Bezirksverordneten, bei denen eine Tätigkeit für das MfS/AfNS zu konstatieren ist, genannt. Die/der betroffene Bezirksverordnete und seine/ihre Fraktion/Gruppe erhalten die Gelegenheit zur Stellungnahme. Auf Antrag der Betroffenen kann die Sitzung auch öffentlich stattfinden.
  7. Das weitere Verfahren ist den Fraktionen überlassen.
  8. Bei Nachrückerinnen und Nachrückern wird zum Zeitpunkt ihrer Bestellung als Bezirksverordnete entsprechend verfahren.

Begründung:

Die Aufarbeitung der DDR- Geschichte und ihre historische Bewertung ist ein andauernder Prozess. Auch nach über 30 Jahren ist dieser Prozess nicht abgeschlossen. Es war der erklärte Wille der Menschen, die in der friedlichen Revolution 1989 die Dienststellen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR besetzt hatten, eine Auseinandersetzung mit diesem Teil der DDR-Geschichte und mit dem begangenem Unrecht durch hauptamtliche und inoffizielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und des Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS) zu ermöglichen. Durch die Besetzung der Dienststellen des MfS wurde die Vernichtung von Akten gestoppt und so die Stasiunterlagen der Nachwelt bewahrt.

Seit Mitte 2010 liegen der Stasiunterlagenbehörde neue rekonstruierte Akten vor, die durch ein international einmaliges Projekt mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK in Berlin den gesicherten Bestand an zerrissenen Stasi-Unterlagen zugänglich machen. Die BVV richtet wie zu Beginn der vergangenen Wahlperioden ein Vertrauensgremium ein, dass die Hinweise auf eine hauptamtliche und inoffizielle Tätigkeit beim MfS bzw. AfNS sichtet. Gegenüber der BVV werden die Hinweise zu Bezirksverordneten auf eine entsprechende Tätigkeit transparent gemacht. Die/der Betroffene bzw. die Fraktion erhält hierdurch die Möglichkeit zur Stellungnahme. In nicht-öffentlicher Beratung kann sich die BVV mit den Hinweisen auseinandersetzen. Die BVV Pankow bekennt sich mit diesem Verfahren dazu, an der weiteren Aufarbeitung der DDR-Geschichte festzuhalten.

Antrag auf der BVV-Seite: https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=5967