Die fetten Jahre sind vorbei

Vor einigen Wochen erklärte der Finanzsenator den Bürgermeisterinnen der Berliner Bezirke, warum er – allen –  Berliner Bezirken für den Doppelhaushalt 2024/2025 deutlich zu wenig Geld zur Verfügung gestellt hat.

Was er uns vermitteln wollte, kann man in 5 Worten zusammenfassen: Die fetten Jahre sind vorbei. Jetzt fragt sich wohl jeder hier: Wann sollen die denn gewesen sein?

Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Bezirke hatten sich die Finanzzuweisung des Senators angesehen und in einem Brief aller 12 Bezirke Alarm geschlagen.

Denn es sind ja die Bezirke, die letztendlich die Verwaltungsleistungen erbringen. Wenn hier etwas gestrichen wird, hat es – im Gegensatz zu vielen Senatsprojekten – direkte Auswirkungen auf die Menschen. Auch hier, in unserem Bezirk Pankow.

Alle Bezirke sind nach der bisher – verbindlich – zugesagten Finanzzuweisung des Finanzsenators im Minus gegenüber ihren bisherigen Ausgaben. Worüber ich hier und heute nicht sprechen kann, sind die sogenannten Fortschreibungen, die noch zu erwarten sind. Eine technische Fortschreibung wird die Zuweisung des Senats in Bezug auf gesetzliche Veränderungen hin korrigieren. Auch eine nicht-technische Fortschreibung wurde schon angekündigt – also eine Veränderung der bisherigen Zuweisung aufgrund von politischen Erwägungen.

Zum Beispiel soll der Integrationsfonds aufgestockt werden. Das wäre für Pankow mit seiner im Berliner Kontext besonders großen Integrationsleistung für Geflüchtete enorm wichtig. Aber das gibt es bisher nur mündlich.

Nur aus der Presse haben wir erfahren, dass die Berliner Bezirke zusammen noch mal 100 Millionen pro Jahr zusätzlich bekommen sollen. Das hört sich erstmal viel an. Ist es aber nicht, wenn man es durch 12 teilt. Und wenn man sich dann noch ansieht, wie hoch das Defizit in den einzelnen Bezirken ist, schmelzen 100 Millionen zusammen wie Eis in der Sonne.

Aber der Reihe nach und nun erstmal zu dem Ist-Zustand, mit dem wir aktuell tatsächlich rechnen können. Für einige Bezirke bedeutet die bisher zugesagte Zuweisung praktisch eine Haushaltssperre. Es gibt sogar Bezirke, die sich nicht in der Lage sehen, einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen.

Viele Bezirke müssen ausgerechnet im sozialen Bereich sparen – und das, wo die Pandemie kaum überwunden ist, tausende Geflüchtete, die nicht zuletzt in Pankow untergebracht sind, durch Sprachkurse und Kita- oder Schulplätze und durch sehr viel soziales Engagement integriert werden müssen und sowohl die Energiepreise als auch die Inflation viele Berlinerinnen und Berliner vor große Herausforderungen stellen.

Wir haben mit 8 bis 10 Prozent Inflation zu kämpfen. Vom Schulmittagessen bis zum Angebot für Seniorinnen und Senioren wird alles teurer. Aber der Senat billigt uns nur einen Inflationsausgleich von 2 Prozent zu. Die Tarifsteigerungen können wir so nicht decken. Höhere Honorare sowieso nicht. Und ich erinnere mich auch noch an das Versprechen, die Bezahlung für die Beschäftigten in den Bezirken zu verbessern. Davon sind bisher nur Besserstellungen bei den Leitungsstäben des Senats verwirklicht worden.

Konkret bedeutet das: In den Bezirksverwaltungen, wo bereits 7000 Stellen unbesetzt sind, werden sie womöglich unbesetzt bleiben. Denn dafür ist kein Geld da. Zum ersten Mal überhaupt bekommen wir nur für die jetzt besetzten Stellen Geld.

Sie haben aus den Medien erfahren, dass einige Bezirksbürgermeister*innen damit drohen, die Bürgerämter zu schließen.

Soweit wird es in Pankow nicht kommen. Wir haben nämlich einen Start-Vorteil: In Pankow sind nur ca. 160 Stellen unbesetzt. Das ist schade. Um die aktuell im Bezirksamt beschäftigten Kolleginnen und Kollegen zu entlasten, die wegen der offenen Stellen mehr arbeiten müssen, wollen wir unsere Stellen unbedingt besetzen. Im Berliner Vergleich stehen wir indes sehr gut da. Das ist kein Zufall. Das ist den großartigen Menschen hier im Bezirksamt zu verdanken: Den Mitarbeiter*innen und natürlich auch den Stadträt*innen.

Das Bezirksamt Pankow ist ganz offensichtlich ein attraktiver Arbeitgeber. Das macht mich ausgesprochen glücklich. Und: Wir werden alles daransetzen, das Bezirksamt als Arbeitgeber noch attraktiver zu machen – trotz magerer Mittel.

Die Personalnot wird größer werden. Bis 2031 verlassen 40.000 Mitarbeiter*innen die Berliner Verwaltung. So gebe ich dem Finanzsenator in diesem Punkt recht: Diesem enormen Verlust können wir nur gegensteuern, wenn wir als ein attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden.

Vom Land erwarten wir eine zügige Digitalisierung und eine bessere Bezahlung unserer Mitarbeitenden.

Als Bezirksamt Pankow führen wir mit diesem Haushalt eine kleine Neuerung für unsere Mitarbeiter*innen ein, die unsere Attraktivität als Arbeitgeber steigern wird.

Wir wollen unseren Mitarbeitern ein gutes und günstiges Mittagessen anbieten. Immer nur Stulle essen, das ist nicht gesund.

Ein gutes Essen ernährt und macht glücklich. Eine Kantine würde unsere dezentralen Standorte nicht erreichen. Wir haben gute Ideen, wie wir ein warmes Mittagessen an unsere dezentralen Standorte bringen können –  und um diese verwirklichen zu können, haben wir Vorkehrungen in diesem Haushaltsentwurf getroffen.

Und noch eine gute Nachricht: Wir haben uns als Bezirksamt bewusst entschieden, die Freien Träger nicht zu kürzen! Leider erhalten sie auch nicht mehr als 2022, trotz gestiegener Anforderungen und Inflation.

Insgesamt haben wir das wenige Geld fair auf alle Geschäftsbereiche verteilt. Grundlage dafür sind die Eckwerte, die kameral zustande gekommen sind. Sie berücksichtigen zunächst alle Aufgaben, die wir erfüllen müssen aufgrund von Leitlinien oder anderen Verpflichtungen durch den Senat.

Die wenigen von uns steuerbaren Anteile unseres Haushaltes haben wir auf Basis der IST-Ausgaben 2022 auf die Geschäftsbereiche verteilt.

Zahlenmäßig sind das keine Kürzungen. Und wir können damit auch ganz sicher keine großen Sprünge machen. Zur Wahrheit gehört jedoch dazu, dass 2022 ein halbes Jahr lang kein Geld ausgegeben werden konnte wegen der vorläufigen Haushaltssperre. Ob die den Geschäftsbereichen aufgrund des Ist-2022 zur Verfügung gestellte Summe auch in 2024 und 2025 ausreichen wird, scheint daher schon aus diesem Grund mehr als fraglich.

Ebenso fraglich ist, ob Maßnahmen der Haushaltswirtschaft ausreichen werden, um alle bezirklichen Angebote aufrecht zu erhalten. Deswegen sind wir gespannt auf die angekündigten zusätzlichen Gelder. Und wir hoffen, dass zumindest ein Teil davon von uns steuerbar ist – statt durch Vorgaben und Leitlinien gebunden zu sein. Im Gesamtergebnis ist es uns mit den bisherigen finanziellen Zusagen gelungen, einen ausgeglichenen und verfassungskonformen Haushalt aufzustellen.

Das heißt nicht, dass wir eine schwarze Null erreichen!

Unser Defizit liegt bei rund 11 Millionen € pro Jahr. Und auch das konnten wir nur erreichen, weil wir die sogenannte Erfolgsrücklage aus dem Jahr 2022 von + 2,7 Millionen € vollständig eingesetzt haben für diesen Doppelhaushalt 2024/2025.

Darüber hinaus haben wir eine Pauschale Minderausgabe von rund 11 Millionen € pro Jahr veranschlagt. Das ist, wenn man ehrlich ist, ein Haushalts-Risiko. Da unsere Ausgabetitel aller Wahrscheinlichkeit nach zu gering veranschlagt sind, wird es uns auch nicht gelingen, diese in Höhe von 11 Millionen € pro Jahr zu unterschreiten.

Um für die Zukunft kein Defizit anzuhäufen, werden wir die angekündigten zusätzlichen und frei steuerbaren Zuwendungen einsetzen müssen, um das absehbare Defizit aus dem Haushalt 2024/2025 auszugleichen.

Dennoch haben wir dafür Sorge getragen, dass kein Bereich unverhältnismäßige Lasten trägt, die sich auf die Bürger*innen auswirken. Neben der Absicherung des bestehenden Angebots haben wir als Bezirksamt folgende Schwerpunkte gesetzt:

Pankow wächst, Pankow altert und Pankow muss dem Klimawandel trotzen. Wir müssen die Stadt an diese neuen Bedürfnisse anpassen. Das bedeutet abstrakt: Investitionen in den Umweltschutz, die Verkehrswende, Schulbau und Grünflächen, aber auch in Beteiligungsformate und Angebote zur Stärkung der Demokratie.

Wir konnten konkret dem Straßen- und Grünflächenamt 200.000 € zusätzlich (Kapitel 3810, Titel 5 21 10) zuteilen, um die gestiegenen Anforderungen und die Schwerpunkte der BVV zu erfüllen. Davon sollen Tiny Forests entstehen, die die Stadt von morgen kühlen, und Schulhöfe begrünt sowie Bäume gepflanzt werden.

Wir können die Biotopverbundplanung voranbringen, damit wir in der wachsenden Stadt Pankow auch weiterhin gesund leben.

Und das auch dann noch, wenn wir alle zu den lebenserfahrenen Menschen gehören. Dann werden wir unter fachmännischer Anleitung in unseren Parks gemeinschaftliche Sport machen können.

Erstmals bieten wir mit diesem Haushalt eine kommunale Bewegungsförderung für Menschen ab 65 Jahren an – eine Bevölkerungsgruppe, die auch in Pankow enorm wächst!

Über unsere gezielte Ansprache aus dem Bereich der Altenhilfe im Sozialamt können die Lebenserfahrenen von Pankow über das Programm der kommunalen Bewegungsförderung von uns gezielt Informationen zu weiteren Angeboten und Hilfestellungen im Alter bekommen.

Aber natürlich denken wir auch an die Kinder und sorgen auch mit diesem Doppelhaushalt vor, dass sie ihren Schulweg sicher meistern können. Wie wir überhaupt einen Schwerpunkt auf die Verkehrsteilnehmer legen werden, die eines besonderen Schutzes bedürfen: die Fussgänger.

Na, und von den Fahrradstraßen will ich jetzt gar nicht erst anfangen. Davon war in den letzten Wochen schon häufig die Rede und Sie, liebe Bezirksverordnete werden dies später auch noch tun. Mir bleibt dazu nur eins zu sagen: Das Geld dafür ist da!

Ganz wichtig ist mir, dass wir mit diesem Haushaltsplan die demokratischen Entscheidungsträger stärken und damit sowohl diese Bezirksverordnetenversammlung als auch die Menschen im Bezirk daran beteiligen, wie wir das knappe Geld einsetzen.

Das kostet nicht viel, aber die Wirkung für unsere Demokratie ist enorm – und den Wert der Demokratie kann man gar nicht hoch genug schätzen, gerade in mageren Zeiten.

Dazu gehört der Bürgerinnenhaushalt. Der bekommt 50.000 € in 2025.

Der Schülerinnenhaushalt bekommt 20.000 € ebenfalls in 2025. Die Idee dahinter ist, daß die Suche nach den umzusetzenden Projekten systematisch in 2024 erfolgt und deren Finanzierung für 2025 gesichert ist.

Das ist aber noch nicht alles.

Da ich mir sicher bin, dass wir mit diesem Haushaltsplanentwurf trotz knapper Ressourcen viel geschafft haben und Sie, verehrte Verordnete, sicher noch eigene Akzente und Schwerpunkte einbringen wollen, stellen wir mit diesem Haushalt Sondermittel der BVV in Höhe von 50.000 € pro Jahr bereit, über die Sie frei verfügen können.

Sobald Sie Projekte gefunden haben, die aus diese Mitteln finanziert werden sollen, verlagern wir die Mittel in einer Nachschiebeliste gerne auf die sachlich zutreffenden Titel.

Ich freue mich auf die Debatten und die weiteren Beratungen in der BVV mit Ihnen und meinen Kolleg*innen Bezirksstadträt*innen.