Jamaika setzt beim Pankower Haushalt auf Verwaltungsmodernisierung, Klima und soziale Gerechtigkeit trotz massiver Senatskürzungen

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Im Bezirk Pankow ist es der Zählgemeinschaft aus Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP trotz knapper Mittel gelungen, einen wegweisenden Haushalt für die kommenden zwei Jahre aufzustellen und gleichzeitig das Risiko einer Haushaltssperre, wie sie in anderen Bezirken ausgesprochen wurde, zu minimieren.

Was tun, wenn angesichts Rezension, Krieg und pandemie-bedingt leerer Kassen, der Senat den Bezirken drastisch das Geld kürzt, aber zugleich enorme Aufgaben zu bewältigen sind? Vor der Frage standen wir während des Sommers bei Beratungen zum Bezirkshaushalt. Innerhalb der grün-schwarz-gelben Zählgemeinschaft war uns schnell klar: Wenn mehr Arbeit mit weniger Mitteln erledigt werden muss, dann muss endlich das geschehen, was seit Jahren verschleppt wurde: die Verwaltung besser organisieren, freie Stellen zügig besetzen und die dringend notwendige Digitalisierung umsetzen.

Deshalb freuen wir uns, dass in der Nachschiebeliste ein Schwerpunkt auf Digitalisierung und Personal gelegt werden konnte. Fünf neue Mitarbeiter*innen werden sich künftig, um eine zügige Digitalisierung der Pankower Verwaltung kümmern – auf das bald niemand mehr seine Zeit damit verbringen muss, Akten hin und her zu tragen und die Bürger*innen elementare Dienstleistungen endlich online erledigen können. Denn das spart allen Zeit. Hier wird außerdem ein Umzugsmanager dafür sorgen, dass u.a. wegen der Umorganisationen und der Sanierung von Bezirksgebäuden reibungsloser funktionieren.

Zwei neue Mitarbeiter*innen werden in der Personalgewinnung eingesetzt, um die zügige Einstellung neuer Mitarbeiter*innen voranzutreiben. Zusätzlich wird eine Change-Managerin die Arbeitsprozesse in den verschiedenen Geschäftsbereichen analysieren und helfen, sie im Sinne der Mitarbeiter*innen effizienter zu gestalten. Diese Aufstockungen sind auch deshalb dringend notwendig, weil in den kommenden Jahren ein Drittel der Belegschaft der Bezirksverwaltung in Rente gehen wird.

Entscheidende Weichen konnten wir zur Bewältigung der Klimakrise, der Schulkrise und Wohnungskrise stellen. Zwei neue Stellen wird es zur Klimaanpassung und zur Planung des Biotopverbunds geben. Eine dringende Aufgabe wird dabei sein, den dringend gebrauchten Wohnungsbau in Einklang mit ökologischen Erfordernissen zu ermöglichen. Dabei müssen die verdichteten interstädtischen Quartiere im Zusammenhang mit den bestehenden und zukünftigen Siedlungsgebieten sowie den Grün- und Freiflächen betrachtet werden. In Neubauvierteln muss das flächensparende Bauen großzügige Grünflächen ermöglichen, die nicht nur den Neubaugebieten, sondern auch dem umliegenden Altbestand zugutekommen.

Um die geplanten Kiezblocks und Fahrradstraßen in Zukunft zügiger umzusetzen, haben wir den Verkehrsbereich aufgestockt, zum einen mit Mitteln für die notwendigen Verkehrsuntersuchungen und mit zwei Stellen zur Umsetzung verkehrlicher Anordnungen. Auch für die Bearbeitung von Bebauungsplänen gibt es zwei neue Stellen, damit wir das Tempo beim Bau von Wohnungen erhöhen können.

Im Schulbereich konnten wir das Geld für die Sanierung von Schulhöfen aufstocken, leider viel weniger als wünschenswert wäre. Zwei Personen sollen zukünftig den Schulbereich bei der Bewältigung der organisatorischen Herausforderungen aus wachsenden Schülerzahlen sowie dem Neubau und der Sanierung von Schulen unterstützen.

Auch ist es uns gelungen im Gesundheitsbereich die Impfstelle mit zwei Stellen aufzustocken und sie damit endlich arbeitsfähig zu machen. Dies ist eine entscheidende gesundheitspolitische und soziale Maßnahme, da die kommunale Impfstelle auch Menschen ohne Krankenversicherung und Flüchtlinge erreichen kann.

Besonders freuen wir uns, dass die Bibliotheken nun endlich einen Aufwuchs beim Medienetat erhalten. Dafür haben wir uns seit Jahren eingesetzt. Denn dieser Ansatz war in Pankow bisher besonders niedrig. Nur 1 Euro pro Bewohner*in gab der Bezirk bisher für Bücher, Spiele, DVDs in Bibliotheken aus. In anderen Bezirken sind es bis zu 2 Euro. Nun wurde der Etat auf 1,50 Euro pro Bewohner*in erhöht.

Das Jugendamt wurde mit einer Stelle zur Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut aufgestockt. Auch eine Stelle zur Umsetzung des Programms kinderfreundliche Kommune wird es geben.

Doch leider sind im Jugendbereich bei der Aufstellung des ersten Entwurfs und der Nachschiebeliste Pannen passiert. Für die Träger der freien Jugendhilfe wurde zu wenig Geld eingestellt. Schockiert stellten wir fest, dass die Anpassung der Tarife dadurch praktisch zurückgenommen war. Genau für diese Anpassung hatte unser grüner Stadtrat Cornelius Bechtler gekämpft, als er vor der Wiederholungswahl noch dem Jugendbereich vorstand.

Während die neue und alte Jugendstadträtin Rona Tietje in der gemeinsamen Sitzung von Finanzausschuss und Kinder- und Jugendhilfe-Ausschuss erklärte, sie wisse auch nicht so genau, wie viel Geld dafür nachgeschossen werden müsse, „irgendwas im sechsstelligen Bereich“, machten wir uns daran es auszurechnen. Wohl weil im Jugendbereich die Stelle der Haushälterin unbesetzt ist, sah sich die Stadträtin nicht in der Lage, der Finanzabteilung und dem Ausschuss Zahlen zu nennen: Eine dramatische Panne, auf die uns glücklicherweise die Träger der freien Jugendhilfe hingewiesen haben.

Für die Anpassung der Tarife errechneten wir 266.000 Euro an zusätzlichen Mitteln und damit sogar mehr als der Ausschuss mangels exakter Informationen gefordert hatte. In einem gemeinsam mit CDU und FDP verfassten Änderungsantrag zum Haushalt setzten wir diese Summe fest. Zusätzlich schossen wir Geld nach für die Förderung der Erziehung in der Familie und konnten damit die Arbeit der Familienzentren sichern. Durch Umschichtungen gelang es, im Sozialbereich die Hilfen für psychisch- und Suchtkranke aufzustocken und die Zuschüsse an die freie Wohlfahrtspflege zu erhöhen. Außerdem konnten wir auch dem Sport für Senior*innen einen kleinen Aufwuchs von 20.000 Euro ermöglichen, für den Bereich Gleichstellung zusätzliche 54.500 Euro einstellen und die Fortführung des Schüler*innenhaushalts abzusichern. Auch die Wiedereröffnung der Prater Galerie konnten wir absichern.

In den Beratungen des Ausschusses für Weiterbildung und Kultur hatte sich gezeigt, dass die neuen Vorgaben des Senats besondere Hürden bei der Haushaltsaufstellung im Kulturbereich bedeuten. Bisher erhielten die Bezirke auch die Personalmittel für umbesetzte Stellen in der Verwaltung. Mit diesen Mitteln wurde in Pankow immer das Defizit bei der Volkshochschule und der Musikschule ausgeglichen. Da den Bezirken das Geld für unbesetzte Stellen nun nicht mehr überwiesen wird, entsteht bei der Musikschule und der Volkshochschule ein Defizit von 1,3 Millionen Euro. Mit diesem Problem kämpfen alle Bezirke und haben schon Alarm geschlagen. Das Abgeordnetenhaus wird sich demnächst damit befassen. Mit unserem Änderungsantrag konnten wir den Etat der Volkshochschulen um 95.000 Euro erhöhen und mehr Geld für Veranstaltungen der Musikschulen einstellen. Uns ist bewusst, dass beides bei weitem nicht ausreicht. Wir setzen uns intensiv für eine berlinweite Lösung ein.