Kleine Anfrage 0697-IX Karpfenteich-Schande von Heinersdorf – Gewässerqualität und Artenschutz 13. Dezember 2023 Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten: Das Bezirksamt berichtet in der Pressemittelung [1] über die Trockenlegung der Heinersdorfer Fischteiche und dem Tod vieler Fische, das „Bezirksamt hat Vorgang geprüft“ und „[…] der DAV LV Berlin e.V. ist berechtigt, die Gewässer zu Sanierungszwecken abzulassen. Ungeachtet dessen dürfen dem Vorhaben keine arten- oder tierschutzrechtlichen Bedenken entgegenstehen.“ 1. Das Bezirksamt gibt in der PM [1] an: „Im Vorfeld hätte jedoch mit den für Naturschutz zuständigen Ämtern abgeklärt werden müssen, ob artenschutzrechtliche Bedenken gegen ein derartiges Vorhaben bestehen. Dies ist hier nicht geschehen.“. In den Leitlinien Brandenburgs [9, Punkt 1.2.5] wird u.a. im Hinblick auf die Generalreparatur von Staueinrichtungen empfohlen, den Zeitpunkt dieser Maßnahme zu beachten, da mit ihr in der Regel eine Trockenlegung des Gewässers verbunden ist. „In jedem Fall sind dazu Abstimmungen mit der UNB erforderlich“ falls diese aus technologischen Gründen in der Vegetationsperiode notwendig wird sind, um zu klären, ob der saisonale Ausfall der Reproduktion geschützter Arten vertreten und mit den Vorteilen der durchgeführten Maßnahme aufgewogen werden kann. a. Sollten Anforderungen an die gute fachliche Praxis [9, auch 10-14] ebenso für Angelsportvereine in Berlin vorausgesetzt werden, und wurde diese gute fachliche Praxis durch den DAV vollumfänglich erfüllt? b. Hat bereits die nicht erfolgte Abklärung mit den für Naturschutz zuständigen Ämtern Konsequenzen für den DAV – oder sind die Naturschutzbehörden in der Beweislast, Folgen für den Artenschutz zu belegen? c. War beim Zeitpunkt der Maßnahme die Überlebensfähigkeit der Fische bei einer potenziellen Rettung nach dem Stress des Ablassens des Wassers z.B. durch Wetterbedingungen, Gewässerqualität wie übermäßigem Nährstoffeintrag oder Sauerstoffarmut durch einen hohen Fischbesatz gemindert? Zu a) Aufgrund sachlicher (bezirklicher) Unzuständigkeit kann diese Frage nicht beantwortet werden. Zu b) Nein (siehe Fragen 2 und 3). Zu c) Da für die Heinersdorfer Teiche keine Daten zum Fischbestand bzw. zur Fischzusammensetzung oder zur Wasserqualität vorliegen, können diese Rahmenbedingungen auch nicht im Hinblick auf die Überlebenswahrscheinlichkeit der Fische bewertet werden. 2. Der Präsident des DAV gibt in der Presse [5] an, er halt es für „unwahrscheinlich, Eisvögel geschädigt zu haben, wie es dem Verband Bürger und Behörden vorwerfen. „Ich habe dort keine beobachten können““. Das Bezirksamt [1] gibt hingegen an: „Im Umfeld der Heinersdorfer Fischteiche befinden sich zwei Eisvogel-Brutpaare. Die nach Bundesartenschutzverordnung streng geschützten Vögel brüten mehrmals im Jahr bis in den September. Durch den Entzug der Nahrungsgrundlage ist mit erheblichen Störungen für die Vögel zu rechnen. Ob durch das Ablassen der Teiche die Aufzucht von Nachwuchs gestört oder verhindert wurde, wird derzeit artenschutzrechtlich geprüft.“ a. Wie ist der Stand dieser Prüfung, welche Ergebnisse liegen bisher vor und/oder wann wird die Prüfung voraussichtlich abgeschlossen sein? b. Welche weiteren negativen Einflüsse auf Wildtiere, z.B. spät brütende Blässhühner [10] und auch Nichtwirbeltierarten, wie Libellenlarven, ggf. Muscheln oder Krebstiere hätten bei der Maßnahme berücksichtigt werden müssen? c. Welche Änderung der Maßnahme hätte erfolgen müssen, wäre rechtzeitig das Vorkommen der streng geschützten Arten und die negative Beeinflussung störanfälliger geschützter Wildtiere vor Ort aufgefallen bzw. bestätigt worden? Zu a) Das Umwelt- und Naturschutzamt beauftragte Mitte September die Stadtnatur- Ranger Pankow mit der Untersuchung des Gebietes. Laut eines vorgelegten internen Berichts der Rangerinnen und Ranger wurden bei mehreren Vor-Ort-Terminen Eisvögel gesichtet. Die Beobachtungen ließen auf ein territoriales Verhalten in Bezug auf die letzte verbleibende Wasserstelle schließen; ein Altvogel wurde von Artgenossen vertrieben und hat vermutlich die Bereiche der Karpfenteiche verlassen. Aufgrund der Uferstruktur, sowohl am großen als auch am kleinen Teich, kann ein Vorkommen von potentiellen Niststandorten nach Einschätzung der Stadtnatur-Ranger Pankow nahezu ausgeschlossen werden. Es ist jedoch von einer ganzjährigen Anwesenheit der Vogelart an den Fischteichen auszugehen. Inwieweit die vertriebenen Tiere auf andere Jagdreviere ausweichen konnten, kann nach aktuellem Wissensstand nicht sicher beantwortet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist wahrscheinlich nicht von einer Beschädigung von Reproduktionsstätten auszugehen, wohl aber von einer Beeinträchtigung adulter Eisvögel im Zeitraum der Bauarbeiten und der Trockenlegung der Teiche. Zu b) Dazu kann das Umwelt- und Naturschutzamt aufgrund der eingeschränkten Kenntnislage keine Aussagen treffen. Zu c) Dazu kann das Umwelt- und Naturschutzamt aufgrund der eingeschränkten Kenntnislage keine Aussagen treffen. 3. Der DAV gibt in der Stellungnahme [2] an „Eine Genehmigung der Trockenlegung war nach Auskunft des Fischereiamtes Berlin für uns als Eigentümer nicht notwendig.“, in der Stellungnahme [3] „Durch den Senat wurde heute das Wehr geöffnet“. Sind diese Verwaltungen vor der Trockenlegung auf die zuständigen Stellen Bezirksamt zugegangen, um eine Klärung und Absicherung bzgl. Artenschutz zu veranlassen und/oder um sicherzustellen, dass der DAV über ein ausreichendes Konzept für die Rettung der Fische verfügt und die GfP beachtet? Das Ablassen von Gewässern ist nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Landesfischereigesetz (LFischG) mindestens 10 Tage vorher beim Fischereiberechtigen anzuzeigen. Da im vorliegenden Fall der DAV LV Berlin e.V. durch das Eigentumsverhältnis auch der Fischereiberechtigte ist, entfällt diese Anzeigepflicht. Das Fischereiamt wurde vom Fischereiberechtigen nicht über die geplanten Instandsetzungsmaßnahmen informiert und es besteht auch keine Verpflichtung dazu. Demzufolge erfolgte vom Fischereiamt auch keine Meldung an das Bezirksamt. 4. Der DAV gibt an [2]: „Es wird dann auch wieder ein vernünftiger Besatz der Teiche stattfinden“ a. Kann der Wasserstand durch Schlamm und den Klimawandel so niedrig sein, dass dies Folgen für den möglichen Besatz mit Fischen hat – insbesondere da der Schlamm vor erneuter Befüllung mit Wasser nur teilweise [2] um die „Mönche“ herum entfernt wurde? b. Welche Fischarten sind – falls überhaupt – nach Einschätzung des Bezirksamts für einen Besatz der Teich geeignet – u.a. Weißfisch, Barschen, Giebeln, Karpfen? c. Wird der Austausch der der Abläufe („Mönche“) die Gewässerqualität nach Einschätzung des Bezirksamts signifikant steigern, oder wurden bzw. werden eine Bepflanzung des Gewässers oder andere Maßnahmen vorgenommen, um die Gewässerqualität zu verbessern? Zu a) Aussagen zu den betriebswirtswirtschaftlichen Konsequenzen können nicht gemacht werden, da keine Daten zur Schlammstärke, Gewässertiefe oder zum Wasserstand bekannt sind. Technologisch bedingt kommt es zu Aufkonzentrierung von Sedimenten in den Teichen. Durch eine regelmäßige Entnahme der Sedimente kann der Austrag von Schwebstoffen während des Ablassens der Teiche minimiert werden. Dadurch kann die stoffliche Belastung der Vorflut verringert werden. Mit fortschreitendem Klimawandel wird die Wasserversorgung der Heinersdorfer Teiche und anderer bewirtschafteter Teichanlagen eine zunehmende Herausforderung für den Bewirtschafter darstellen. Es ist nicht auszuschließen, dass künftig zusätzliche Speisungswassermengen (Grund- und/oder Oberflächenwasserressourcen) notwendig sind, um die Verluste durch die ausbleibenden Niederschläge und durch die erhöhte Verdunstung auszugleichen. Zu b) Als bewirtschaftete Anlagen der Teichwirtschaft unterliegen die Heinersdorfer Teiche nach § 2 Berliner Landesfischereigesetz (LFischG) nicht der Hegepflicht. Die Regelung nach § 3 Abs. 3 LFischG, wonach der Fischereiberechtigte zur Erhaltung, Förderung und Hege eines der Größe und Beschaffenheit des Gewässers entsprechenden heimischen Fischbestandes in naturnaher Artenvielfalt verpflichtet ist, gilt nicht. Obgleich müssen die Anforderungen nach § 3 Abs. 3 Berliner Landesfischereiordnung (LFischO) beachtet werden; der Besatz mit nicht heimischen Fischen (z.B. Giebel) und gebietsfremden Arten ist genehmigungspflichtig und es muss darüber hinaus das Einvernehmen mit der Obersten Naturschutzbehörde hergestellt werden. Zu c) Die Mönche dienen der Regulierung des Wasserstandes der Teiche. Sie wurden vom DAV aufgrund ihrer Baufälligkeit erneuert [2] und nicht zur Verbesserung der Gewässerqualität. Dem Umwelt- und Naturschutzamt liegen keine Informationen für zurückliegende oder zukünftige Aufwertungs- oder Sanierungsvorhaben vor. 5. Ist es nach Einschätzung des Bezirksamtes möglich, dass die Fischteiche von Kampfmitteln aus den Weltkriegen betroffen sind, und diese die Gewässerqualität negativ beeinflussen – und bei der zwischenzeitlichen Trockenlegung der Teiche geräumt hätten werden können bzw. müssen? Bei Gewässern kann i.d.R. nicht von Kampfmittelfreiheit ausgegangen werden. Zuständig für Risiken und Gefahren, die von einem Grundstück durch Kampfmittel ausgehen kön- nen, sind die Grundstückseigentümer. Zur Einholung einer Gefahrenprognose kann der Eigentümer sich an die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt als Ordnungsbehörde wenden. [1] https://www.berlin.de/ba- pankow/aktuelles/pressemitteilungen/2023/pressemitteilung.1365452.php [2] https://landesanglerverband.berlin/news/in-eigener-sache-stellungnahme-zu-den- bauarbeiten-am-jugendzentrum-in-pankow-heinersdorf/ [3] https://landesanglerverband.berlin/news/update-28-09-2023-wiederbefuellung-hat- begonnen/ [4] https://www.berliner-kurier.de/kiez/was-ist-bloss-los-an-den-karpfenteichen-in- pankow-li.418138 Manuela Anders-Granitzki