Kleine Anfrage - KA-0118/IX B-Plan 3-60 Pankower Tor – Artenschutz Kreuzkröten 11. Februar 202210. Januar 2023 Kreuzkröten unterliegen europäischem Naturschutz (Richtlinie 92/43/EWG, Anhang IV) und sind „streng geschützt“ nach § 44 Bundesnaturschutzgesetz – der Erhaltungszustand der lokalen Population darf sich nicht verschlechtern. Auf der neuen „Roten Liste der Amphibien Deutschlands“ [1] (vgl. Pressemitteilung des Bundesamtes für Naturschutz vom 17.8.2021 [2]) ist die Kreuzkröte als „stark gefährdet“ eingestuft, zuvor stand sie lediglich auf der Vorwarnliste. 1. Im digitalen Bürgerforum [5] der Krieger Handel SE wurde am 9.2.2022 die These aufgestellt: „Jeder weiß: Wenn die Kreuzkröte da bleibt, stirbt sie. Und im Sinne des Naturschutzes ist es ganz wichtig die Umsiedlung voran zu treiben, damit die niedliche Kreuzkröte überlebt.“. In der von der Krieger Handel SE beauftragten Ausschreibung für das Workshopverfahren [3] vom 11.12.2020 wurde angegeben: „Die Sukzession bedroht das letzte Berliner Vorkommen der streng geschützten Kreuzkröte und daher wird eine Umsiedlung in ein geeignetes Gelände zur Sicherung derzeit vorbereitet.“. a) Welche Verantwortung trägt ein Flächeneigner für den Erhaltungszustand der streng geschützten Art, und ist ein Aussterben durch die Absicht einer Bebauung unausweichlich? b) Welche Maßnahmen müssen vom Flächeneigner durchgeführt werden, um den Erhaltungszustand dieser Art sicher zu stellen – z.B. die regelmäßige Beseitigung einer Sukzession? 2. Auf die Anfrage 0870/VIII antwortet das Bezirksamt am 9.9.2020: „Nach Erteilung der Befreiung bei Vorliegen der Planreife gem. § 33 BauGB werden die Kreuzkröten gem. der in der Befreiung enthaltenen Auflagen abgesammelt, zur noch zu bestimmenden Ersatzfläche bzw. zu den noch zu bestimmenden Ersatzflächen verbracht und dort fachgerecht ausgesetzt[sic].“. a) Ist eine Umsiedlung von Kreuzkröten in Deutschland bisher langfristig erfolgreich verlaufen – und falls ja, wann und wo? b) Welche Eigenschaften muss die Ziel-Fläche erfüllen und welche naturschutzfachlichen Modalitäten müssen nach der Umsetzung beachtet werden? c) Wie lange müsste die Kompensationsmaßnahme – und damit auch Monitoring und Habitatpflege – an einer neuen Fläche gesichert sein, und damit vom Vorhabenträger finanziert werden? d) Welchen Zeitraum legt das Bezirksamt an, damit eine Umsiedlung als langfristig erfolgreich bewertet werden kann? e) Wie lange müsste demnach eine „Spiegelpopulation“ am Pankower Tor bestehen bleiben, bis ein erfolgreiche (Teil-)Umsetzung zu einer (tatsächlich) geeigneten neue Fläche gesichert ist? 3. Im digitalen Bürgerforum [5] der Krieger Handel SE wurde erklärt: „Wir haben zwei Grundstücke angeboten, und das Land Brandenburg hat sich sehr kooperativ gezeigt, die Kreuzkröten aufzunehmen“. a) Ist es zutreffend, dass die eine potenzielle Ersatzfläche nördlich von Berlin bei Hobrechtsfelde ungeeignet ist? b) Ist es weiterhin zutreffend, dass die andere potenzielle Ersatzfläche südlich von Berlin bei Woltersdorf als geeignet deklariert wird – und bzw. weil die dortigen Vorkommen von Kreuzkröten ausgestorben sind? 4. Die Vorlage zur Kenntnisnahme (VzK) vom 17.8.2021 zum BVV-Beschluss VII-1203 vom 14.9.2016 besagt: „Zudem wird parallel an der Lösung der durch die Planung ausgelösten Artenschutzkonflikte gearbeitet, vorrangig an den Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustands der streng geschützten Kreuzkröte mit avisierten Ersatzhabitaten in Brandenburg.“. Wie müssen sich Planungen durch die neue Einschätzung der Gefährdung auf der „Roten Liste“ ändern? 5. Ist dem Bezirksamt das Konzept des Naturschutzbundes Berlin e.V. bekannt (vgl. Nabu-Veranstaltung [4] vom 18.5.2021), auf dem Gelände ein langfristiges Habitat für die Kreuzkröten zu erhalten? Falls ja, wie schätzt das Bezirksamt dieses Konzept ein, und welche Rolle wird der Vorschlag im Verfahren zum Bebauungsplan spielen? [1] https://www.rote-liste-zentrum.de/de/Detailseite.html?species_uuid=22ced274-c655-44f3-8d9e-c53f4bf3887a [2] https://www.bfn.de/pressemitteilungen/neue-rote-listen-amphibien-und-reptilien-deutschland-staerker-gefaehrdet-als [3] https://www.pankower-tor.de/sites/default/files/downloads/ausschreibung_wsv-pankower-tor-buerger.pdf [4] https://berlin.nabu.de/stadt-und-natur/stadtentwicklung/pankower-tor/ [5] https://www.youtube.com/watch?v=D0SvYpJK6ro Eingereicht durch: Lüssow, Axel Antwort (16.03.2022): Zu 1.-4. Maßnahmen und Management zum Schutz der Kreuzkröte werden zwischen der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz (SenUMVK) und dem Bezirksamt Pankow eng abgestimmt. Die Kreuzkröte ist eine Art des Anhang IV der FFH-Richtlinie. Die Zuständigkeit bezüglich der Umsetzung von Artenschutzmaßnahmen, zu denen auch die Ausweisung von Schutzgebieten zählt (Artikel 12), liegt bei der obersten Naturschutzbehörde (SenUMVK). Im Rahmen der Umsetzung des Bauvorhabens am Pankower Tor ist zwischen SenUVMK, dem Bezirk und der Krieger Handel SE festgelegt worden, dass die Kreuzkröte vollständig umgesiedelt werden soll. Dazu muss die Zulassung von Ausnahmen der Verbote nach BNatSchG § 44 erteilt werden (BNatSchG § 45 Abs. 7) – dies liegt ebenfalls in der Zuständigkeit der Obersten Naturschutzbehörde. In der Folge sind Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustandes (sog. FCS-Maßnahmen) erforderlich, die nicht ortsgebunden sind. Zu 5. Aktuell spielt das Konzept des NABU LV Berlin e.V. im Zuge der derzeitig erarbeiteten Konzeptionen zum Pankower Tor keine Rolle. Ich bitte den Verordneten Hr. Lüssow, seine Anfrage über das Abgeordnetenhaus an die zuständige Senatsverwaltung (SenUMVK) zu stellen. Manuela Anders-Granitzki Kleine Anfrage auf der BVV-Seite: https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/ka020.asp?KALFDNR=3900