Kleine Anfrage 0700-IX Vogelschlag in Pankow – Naturschutz 13. Dezember 202313. Dezember 2023 Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten: Vogelkollisionen an reflektierenden oder spiegelnden, insbesondere gläsernen Fassaden und Strukturen von Bauwerken sind ursächlich ein konstruktionsbedingtes Problem [vgl. 9- 14]. Nicht nur beim fernen Flughafen BER, sondern auch in Pankow gibt es Beispiele (s. Fragen 3-5), die offenbar ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko darstellen. Im aktuellen Entwurf der Bauordnung Berlin [1] ist gegenüber dem Entwurf aus der vorherigen Legislaturperiode [2] keine Regelung des Tier- und Artenschutzes mehr enthalten („Gebäude müssen so errichtet werden, dass das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Vögel durch Kollisionen mit der baulichen Anlage (Vogelschlag) nicht deutlich erhöht wird.“). 1. Welche im Vollzugsbereich des Bezirksamts liegende Regelungen gibt es im Naturschutzgesetz für die Verhinderung bzw. Verminderung von Vogelschlag an problematischen Flächen, und wie häufig wurden seit 2022 entsprechende Maßnahmen von der Naturschutzbehörde angeordnet? In den naturschutzrechtlichen Regelungen (Bundesnaturschutzgesetz, Berliner Naturschutzgesetz) wird die Thematik nicht detailliert behandelt und der genannte Entwurf der Berliner Bauordnung wurde nicht in Kraft gesetzt. Im § 44 (1) Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) steht jedoch allgemein das Tötungsverbot für alle wildlebenden Tiere der besonders geschützten Arten (§ 7 (2) Nr. 13 BNatSchG) und auch aller europäischer Vogelarten. Beim Eintreten einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos wäre der § 44 ebenfalls anzuwenden. Ein normales Tötungsrisiko liegt bei einem verunglückten Tier auf 50 m Fassadenlänge. Bei 100 m wären 2 Vögel normal. Ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko wird bei mehr als doppelt so vielen Tieren, also bei mindestsens 5 Vögeln auf 100 m pro Jahr angenommen. Die Herleitung erfolgt aus der zurzeit angewandten Broschüre „Vermeidung von Vogelverlusten an Glasscheiben Bewertung des Vogelschlagrisikos an Glas“ der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelwarten. Im Zusammenhang mit neueren BA-Vorhaben und privaten Bauvorhaben, die erkennen lassen, dass dieses Problem entstehen kann, werden bei den artenschutzfachlichen und -rechtlichen Auflagen die gesetzlichen Vorschriften genannt. Anordnungen wurden seit 2022 nicht getroffen. 2. , und welche Dokumentation muss vorliegen damit das Bezirksamt unterstützt, dass Maßnahmen gegen ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko getroffen werden (müssen)? Einwohner können sich bei realen Vogelschlagnachweisen direkt an die Artenschutzstelle des Umwelt- und Naturschutzamtes oder an die zuständige Senatsverwaltung wenden. Eine gerichtsfeste Dokumentation ist nur durch Fachkundige erstellbar. Diese sind in der Senatsverwaltung zu erfragen, sind aber in Berlin leider nicht in großer Zahl vorhanden. 3. Beispiel WABE [3] im Kulturareal am Ernst-Thälmann-Park, eine „kommunale Kultureinrichtung des Bezirks Pankow“: Liegen dem Bezirksamt Beschwerden oder Erkenntnisse bzgl. Vogelschlag (Foto im Anhang) vor, gibt es ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko, welche Maßnahmen gegen Vogelschlag sind notwendig, und welche Schritte wird das Bezirksamt unternehmen oder hat bereits unternommen? Der unteren Naturschutzbehörde im Umwelt- und Naturschutzamt wurde Vogelschlag an der WABE gemeldet und es ist von einem signifikant erhöhtem Tötungsrisiko auszugehen. Es liegen Informationen hinsichtlich eines Austausches der meldenden Person mit der Leitung der WABE zur Problematik vor. Die Leitung der WABE hat sich Mitte 2023 hierzu mit der unteren Denkmalschutzbehörde ausgetauscht. Zur künftigen Vermeidung sollen Kollisionsschutzfolien angebracht werden. Aktuell hat die Senatsverwaltung MVKU mit der Leitung der WABE hierzu Kontakt aufgenommen 4. Beispiel BiotechPark und Campus Buch [4]: a. Wie hoch ist die Wirksamkeit der zwei schwarzen Vogel-Aufkleber am Arnold-Graffi-Haus (Fotos im Anhang), und welche weiteren bzw. tatsächlich wirksamen Maßnahmen sind ggf. notwendig, b. wie wird das Bezirksamt eine Risikobewertung bzgl. Vogelschlag im Bereich des Campus Buch vornehmen, veranlassen oder unterstützen bzw. hat dies bereits getan, c. wie wird sich das Bezirksamt ansonsten für entsprechende Maßnahmen im Bereich des Campus Buch einsetzen bzw. hat dies bereits getan? Zu a) Es ist davon auszugehen, dass die Silhouetten vollständig ohne Wirkung sind. Es ist seit mehreren Jahren bekannt, dass diese Aufkleber nicht helfen, da die Vögel zwischen den Aufkleber versuchen durchzufliegen. Zu b) Personell und finanziell ist das Umwelt- und Naturschutzamt in Pankow nicht in der Lage Risikobewertungen vorzunehmen oder zu beauftragen. Hier wären Nachfragen bei der obersten Naturschutzbehörde (SenMVKU) sinnvoll, ob Gelder und Personal dafür zur Verfügung stehen. Zu c) Es gab auf dem Campusgelände bereits bei einem Gebäude dazu Gespräche. Ansonsten siehe Antwort zu 4 b). 5. Beispiele Bibliotheken und Schulen – liegen dem Bezirksamt Beschwerden oder Erkenntnisse bzgl. Vogelschlag vor, gibt es ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko, welche Maßnahmen gegen Vogelschlag sind notwendig, und welche Schritte wird das Bezirksamt unternehmen oder hat bereits unternommen: a. Stadtteilbibliothek Karow [5]: b. Robert-Havemann-Gymnasium [6], c. Grundschule am Hohen Feld [7]? d. Grundschule im Panketal [8], Alle 4 Gebäude sind in Verwaltung des Bezirksamtes Pankow und die zuständigen Stellen sind bereits seit 3 Jahren über das Problem informiert. Es gab 4-5 Termine vor Ort mit der obersten Naturschutzbehörde (SenMVKU), Fachkundigen und allen beteiligten Ämtern, sowie den Artenschutzsachbearbeiter*innen des Umwelt- und Naturschutzamtes Pankow. Da jedoch auch in den anderen zuständigen Ämtern für die sehr kostspieligen Nachrüstungen der Glasfassaden keine Gelder vorhanden sind, konnte nichts erreicht werden. [1] Drucksache 19/1201 vom 26.9.2023: https://pardok.parlament- berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/DruckSachen/d19-1201.pdf [2] Drucksache 18/3968 vom 10.8.2021: https://pardok.parlament- berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/DruckSachen/d18-3968.pdf [3] https://www.wabe-berlin.info/die-wabe/ [4] https://www.campusberlinbuch.de/de/loc [5] https://www.berlin.de/stadtbibliothek-pankow/bibliotheken/stadtteilbibliothek- karow/ 4 [6] https://robert-havemann-gymnasium.de/schulfilm [7] https://www.grundschule-amhohenfeld.de/schule/ [8] https://grundschule-im-panketal.de/?q=schule/ein-rundgang-durch-unsere-schule [9] Vogelsterben an Glasfassaden – ein verkanntes Problem: https://umweltzoneberlin.de/2019/10/21/vogelsterben-an-glasfassaden-ein- verkanntes-problem/ [10] BUND-Studie Vogelschutz und Glasarchitektur im Stadtraum Berlin: https://www.bund-berlin.de/service/publikationen/detail/publication/vogelschlag/ [11] Anfrage „Vogelschutz und Vogelschlag an Glas in Berlin“ https://pardok.parlament- berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/s18-18577.pdf [12] Anfrage „Vogelschlag an Glasscheiben“: https://pardok.parlament- berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/s18-15567.pdf [13] Beschluss des Sachverständigenbeirats für Naturschutz und Landschaftspflege zum Thema „Vogelfreundliches Bauen mit Glas zur Vermeidung von Vogelschlag“: https://www.berlin.de/sen/uvk/_assets/natur- gruen/naturschutz/sachverstaendigenbeirat/beschluss_2018_08_29b_vogelfreundliches_ bauen_mit_glas.pdf [14] Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht: https://www.berlin.de/sen/uvk/natur- und-gruen/naturschutz/artenschutz/freilandartenschutz/vogelfreundliches-bauen-mit- glas-und-licht/