Kleine Anfrage - KA-0330/IX

Kastanienallee III – Abweichungen der Ausführungsplanungen von den gesetzlichen Vorgaben

Bezirksamt Pankow von Berlin
Abt. Ordnung und Öffentlicher Raum
Bezirksstadträtin

30.08.2022

Herr Bezirksverordneter
Jan Drewitz, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
über
den Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin
über
den Bezirksbürgermeister

Kleine Anfrage KA-0330/IX
über
Kastanienallee III – Abweichungen der Ausführungsplanungen von den gesetzlichen Vorgaben

Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten:
1. Welche gesetzlichen Vorschriften und Regelwerke sind zwingend beim Neubau der
Kastanienallee in Rosenthal zu beachten?

Zu beachten sind u. a. Vorgaben gemäß Klassifizierung im Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr (StEP MoVe), (Bestandteil des übergeordneten Straßennetzes und dem entsprechende örtliche Straßenverbindung mit Funktionsstufe III), Richtlinien für die Anlagen von Stadtstraßen (RASt 06), Berliner Straßengesetz (BerlStrG), Ausführungsvorschriften zu § 7 des BerlStrG über Geh- und Radwege, Straßenverkehrsordnung (StVO), Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung zur StVO und weitere.

2. Wie hoch ist das Verkehrsaufkommen von Kfz/Tag in der Kastanienallee, und wie viele davon sind LKW?

Gemäß der Kfz-Verkehrsstärkenkarte sind max. ca. 8.100 Kfz/Tag von der Friedrich-Engels-Straße bis Schönhauser Straße aufgeführt, ab Schönhauser Straße bis zur Dietz-genstraße ist eine abnehmende Belastung mit 5.600 Kfz/Tag zu verzeichnen. Die höchste Belastung durch LKW-Verkehr liegt für den Abschnitt der Kastanienallee zwischen dem Taufsteinweg und der Birkenallee mit maximal 370 Lkw/Tag vor.

3. Was sind die Planungsziele für den Neubau der Kastanienallee bezüglich der erwarteten Kfz-Verkehrsstärken? Für welche zukünftige durchschnittliche tägliche PKW- und LKW-Verkehrsstärke soll der Straßenraum gestaltet werden?

Die Planungsziele für den Neubau der Kastanienallee dienen der Mängelbeseitigung des desolaten Gesamtzustands, Erhöhung der Verkehrssicherheit und Sicherung der Verkehrsfunktion. Gemäß StEP-Mobilität und Verkehr (Planung 2025) ist der gesamte Straßenzug der Kastanienallee Bestandteil des übergeordneten Straßennetzes und dort als örtliche Straßenverbindung (Funktionsstufe III) klassifiziert. Entsprechend dieser Zweckbestimmung ist die Kastanienallee überwiegend als Vorfahrtsstraße ausgewiesen und für die Aufnahme des überörtlichen Verkehrs, einschließlich des Wirtschaftsverkehrs sowie als Sammelstraße für die angrenzenden Wohngebiete vorzusehen. Alternative Streckenführungen in zumutbarer Entfernung (z. B. für den LKW- Verkehr) können, hinsichtlich der Sicherstellung der Leistungsfähigkeit des Hauptstraßennetzes und vergleichbarer oder niedrigerer Emissionen, nicht nachgewiesen werden.

Eine für die Kastanienallee durchgeführte objektkonkrete Verkehrsprognose zeigt auf, dass sowohl ohne als auch mit einen grundhaften Neubau Zunahmen der Verkehrsbelastungen zu erwarten sind.

Für den Abschnitt zwischen Friedrich-Engels-Straße und Schönhauser Straße wird eine maximale Belastung von ca. 11.500 Kfz/24 h prognostiziert. Für den Abschnitt von der Schönhauser Straße bis zur Dietzgenstraße werden ca. 8.800 Kfz/24h prognostiziert.

4a. Falls für eine größere durchschnittliche täglichen LKW-Verkehrsstärke als heute geplant wird: Wie soll mit der Gestaltung des Straßenraums dem Ziel 7 des Stadtentwicklungsplans Mobilität und Verkehr (Step MoVe) entsprochen werden („Entlastung des städtischen Umfelds und der globalen Umwelt von verkehrsbedingten Belastungen“)?

Siehe hierzu Antwort zu Frage 3. Nur mit einem grundhaften Neubau kann der unzureichende Gesamtzustand beseitigt werden. Es ist beabsichtigt, im Rahmen der Lärmminderungsplanung Berlin auch einen lärmarmen Fahrbahnbelag in Asphaltbauweise einzubauen.

4b. Falls für eine geringere durchschnittliche tägliche LKW-Verkehrsstärke als heute geplant wird: Warum ist wird die Fahrbahnbreite trotzdem mit 6,50m (2x 3,25m) großzügig bemessen?

Siehe hierzu Antwort zu Frage 3.

Gemäß den verbindlichen „Empfehlungen für Fußverkehrsanlagen” (EFA) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) muss ein Gehweg mindestens 2,50 m breit sein. Der vorgesehene Fußweg im 1.Teilabschnitt der Ausführungsplanung in der Fassung 12/2021 beträgt überwiegend 2,00 m und an einigen Stellen 2,25 m.

5. Aus welchen Gründen wurde sich hier nicht an die Vorgaben gehalten?

Die Gehwege in der Kastanienallee werden „Berlintypisch“ mit Gehwegplatten und im Ober– und Unterstreifen mit Mosaik, einschl. erforderlicher Randfassungen (Bordsteine, Kantensteine), hergestellt. Es ist eine Gesamtgehwegbreite von ca. 3,20 m vorgesehen. Die Plattenbahnbreite wird überwiegend 2,00 m betragen.

5a. Wird dies noch angepasst werden?

Siehe Antwort zu Frage 5, eine Anpassung ist nicht erforderlich.

5b. Wenn nein, wie wird das rechtlich begründet?

Siehe Antwort zu Frage 5 und 5a.

Der vorgesehene Fußweg im 2. Teilabschnitt der Ausführungsplanung in der Fassung 03/2019 beträgt an vielen Stellen lediglich 1,25 m und an einigen Stellen sogar nur 0,75 m (im Abschnitt zwischen dem Erbeskopfweg und der Dietzgenstraße). Die DIN 18040-1 Barrierefreies Bauen fordert für alle Gehwege im Freien eine lichte Breite von 1,50 m (1,80 m für den Begegnungsfall nach mindestens 15 m).

6. Aus welchen Gründen wurde sich hier nicht an die Vorgaben gehalten?

Auch im 2. Teilabschnitt werden die Gehwege „Berlintypisch“ mit Gehwegplatten und im Ober– und Unterstreifen mit Mosaik, einschl. erforderlicher Randfassungen (Bordsteine, Kantensteine) hergestellt. Es ist eine Gesamtgehwegbreite von ca. mind. 2,25 m bis 3,00 m vorgesehen.

Im Abschnitt des nördlichen Gehweges zwischen dem Erbeskopfweg bis zur Kastanienallee Nr. 1 A beträgt die gepl. Gehwegbreite ca. 2,30 m mit einer Plattenbahnbreite von 1,00 m. Der Unterstreifen (Mosaik und Betonbord) beträgt 0,75 m.

6a. Wird dies noch angepasst werden?

Siehe Antwort zu Frage 6, eine Anpassung ist nicht erforderlich.

6b. Wenn nein, wie wird das rechtlich begründet?

Siehe Antwort zu Frage 6 und 6a.

7. Aus welchem Grund plant das Bezirksamt lediglich zwei Mittelinseln auf dem gesamten Abschnitt, der 1,3km lang ist, ein?

In der Entwurfsplanung wurden weitere Querungsmöglichkeiten untersucht. Im Ergebnis einer durch die AG „Förderung des Fußverkehrs/Querungshilfen“ veranlasste Zählung (Kfz/querende Fußgänger) ergab keinen Bedarf.
Im Regelquerschnitt 2 wird der Radfahrstreifen mit 1,25 m (exklusive 0,25m Markierungen angegeben. Die Kastanienallee ist zwischen der Friedrich-Engels-Str. und der Schönhauser Str. Bestandteil des Vorrangnetzes gemäß Radverkehrsplan des Landes Berlin (RVP). Dort muss gemäß RVP (3.3.2 Standards für die Netzelemente) bei der anzulegenden Radverkehrsanlage (RVA) eine Regelbreite von 2,50 m angewendet werden. Zwischen der Schönhauser Str. und der Dietzgenstraße ist nach RVP (2.3.4.3 Anbindung weiterer Elemente an das Radverkehrsnetz) bei der anzulegenden RVA der Basisstandard mit einer Regelbreite von 2,30 m anzuwenden.

8. Wie wird das Bezirksamt sicherstellen, dass diese Vorgaben des RVP erfüllt werden? Welche Optionen zur Erfüllung der Vorgaben des RVP bestehen:

8a. im 1.TA?

Die aufgeführten Angaben für das im September 2021 veröffentlichte übergeordnete Radroutennetz sind hinlänglich bekannt.
Der geplante Radfahrstreifen im 1. Teilabschnitt der Kastanienallee erfüllt das allgemeine Mindestmaß von 2,00 m nutzbarer Breite.

8b. im 2.TA?

Im 2. Teilabschnitt der Kastanienallee können die Vorgaben gemäß Radverkehrsplan mit dem geplanten Querschnitt nicht erzielt werden. Das BA wird sich hierzu mit der zuständigen Senatsverkehrsverwaltung hinsichtlich einer Lösungsmöglichkeit abstimmen.

8c. Falls die Vorgaben des RVP nicht erfüllt werden sollen: Wie wird das rechtlich begründet?

Siehe Antwort zu Frage 8b.
Aufgrund der nicht vorhandenen ausreichenden Querschnittsbreite der Kastanienallee im 2.TA stellt sich die Frage, wie in der Kastanienallee überhaupt eine gesetzeskonforme Straße neu gebaut werden soll.

9. Welche Konsequenzen ergeben sich für das Bezirksamt aus der Differenz zwischen den rechtlichen Vorgaben für den Neubau einer Straße mit der Verbindungsfunktionsstufe III und den räumlich beengten Möglichkeiten, die im Abschnitt zwischen Eschenallee und Dietzgenstraße vorhanden sind?

Siehe Antwort zu Frage 8b.

9a. Hat das Bezirksamt vor diesem Hintergrund erwogen, die Teileinziehung der Kastanienallee für den LKW-Verkehr über 7,5t einzuleiten?

Hinsichtlich der Problematik der Teileinziehung u. a. auch der Kastanienallee wurde durch die zuständige Senatsverkehrsverwaltung ein weiterer Austausch mit dem BA in Aussicht gestellt. Die Abstimmungsmodalitäten hierzu werden derzeit erarbeitet.

Auf die Antworten der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz zu den Schriftlichen Anfragen (19/121330 -12134) wird verwiesen.

9b. Wenn ja, was war das Ergebnis?

Siehe Antwort zu Frage 9a.

9c. Wenn nein, warum nicht?

Siehe Antwort zu Frage 9a.

Manuela Anders-Granitzki

Kleine Anfrage auf der BVV-Seite: https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/ka020.asp?KALFDNR=4112