Fahrradverkehr und Kiezblocks Weg vom Auto, rauf aufs Rad — Mobilitätswende in Pankow 15. November 202221. November 2022 Die Bündnisgrünen in Pankow haben im Wahlkampf 2021 besonders laut für die Mobilitätswende getrommelt. Mit entsprechend viel Ehrgeiz und großen Erwartungen zu diesem Thema sind wir als Fraktion in die Legislaturperiode gestartet. Der Schock kam schnell: Das Straßen- und Grünflächenamt übernahm Manuela Anders-Granitzki von der CDU. Die SPD bekam das Stadtentwicklungsamt, das einen großen Teil der Verkehrsplanung übernimmt. Beide Ämter waren bis 2021 zusammen in bündnisgrüner Hand. Würden die bereits vom früheren grünen Stadtrat in die Spur gebrachten Projekte weitergeführt? Ein Blick ins benachbarte Reinickendorf ließ Schlimmes vermuten. Dort hat sich das Straßen- und Grünflächenamt unter CDU-Führung viele Jahre erfolgreich gegen jede Verbesserung für den Rad- und Fußverkehr gewehrt. Der Berliner Senat hat im Sommer 2018 mit dem Mobilitätsgesetz eine klare Richtung vorgegeben: Der Straßenraum soll so umgebaut werden, dass Menschen problemlos von ihrem privaten PKW auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umsteigen können. Fahrradfahren bietet für viele eine gesunde Alternative. Damit das gelingt, braucht es sichere Infrastruktur für Jung und Alt. Deshalb leitete der damalige bündnisgrüne Stadtrat Vollrad Kuhn ab 2020 die Einrichtung von 20 Fahrradstraßen ein. Sie sollten bis Ende 2023 fertig sein. Die Ossietzkystraße weihte er 2020 selbst noch ein. Doch die Planungen verzögern sich immer mehr. Seit der Wahl 2021 sind gerade mal zwei Fahrradstraßen neu entstanden, die Stargarder Straße und die Oderberger Straße. Die nun zuständige CDU-Stadträtin kündigte an, weitere Fahrradstraßen würden nicht so schnell dazukommen, Personalmangel sei schuld. Fahrradstraßen, breite Radwege, Panketrail Wir Bündnisgrünen kämpfen weiter für mehr Fahrradstraßen. Deshalb schlagen wir vor, Pop-up-Fahrradstraßen zu installieren. Das bedeutet, dass statt umfangreicher baulicher Maßnahmen zunächst nur die Ausschilderung als Fahrradstraße erfolgt. Dadurch wissen Autofahrerende bereits, dass sie in die jeweilige Straße nur als Anlieger*innen hineindürfen. Vor allem aber ist dadurch klar, dass Radfahrende Vorrang haben. Diese erste Maßnahme kann immer weiter verbessert werden, bis eine optimale Fahrradstraße entstanden ist. Neben Fahrradstraßen braucht es den Ausbau geschützter Radwege entlang der Hauptstraßen. Ein großer Erfolg ist der geschützte Radweg an der Schönhauser Allee: Zwischen Eberswalder Straße und Stargarder Straße entsteht 2023 auf der jetzigen Parkspur ein breiter Radweg, auf dem bis zu 10.000 Radfahrende pro Tag endlich genug Platz bekommen. Damit das Radfahren sicherer und attraktiver wird, entstehen noch weitere geschützte Radwege, wie zum Beispiel an der Tino-Schwierzina-Straße in Heinersdorf. Zudem wird mit dem geplanten Panketrail für alle, die vom Berliner Norden nach Mitte radeln wollen, eine schnelle und bequeme Verbindung entstehen. Kiezblocks gegen Abkürzungsverkehr Ein weiterer Baustein der Mobilitätswende besteht darin, dem immer schlimmer werdenden Abkürzungsverkehr durch Wohnstraßen ein Ende zu setzen. Im Frühjahr 2020 luden wir zusammen mit Verkehrsinitiativen dazu ein, in einem Workshop Kiezblock-Konzepte zu entwickeln. Knapp 100 Menschen kamen und ersannen innerhalb eines Monats konkrete Vorschläge, wie durch intelligente Anordnung von Diagonalsperren und Einbahnstraßen in ihren Kiezen der Abkürzungsverkehr künftig unterbunden werden kann: PKW, Rettungswagen, Transportfahrzeuge und Müllabfuhr können zwar weiterhin jeden Ort im jeweiligen Gebiet erreichen, aber eine Durchfahrt als Abkürzung ist nicht mehr möglich. Schon in Kürze wird im Komponistenviertel der Abkürzungsverkehr zwischen der Berliner Allee und der Indira-Gandhi-Straße durch einen Kiezblock abgestellt. Auch im Arnimkiez stehen die Vorarbeiten für einen Kiezblock in den Startlöchern. Diese beiden Kiezblocks sollen dem Bezirksamt als Blaupause dienen – die dort gewonnenen Erfahrungen bei der Umsetzung können helfen, weitere Kieze vom Abkürzungsverkehr zu befreien. Im Vergleich mit anderen Bezirken wie Mitte oder Friedrichshain-Kreuzberg ist Pankow aber noch immer viel zu zögerlich: Während im Komponistenviertel zunächst nur ein „Kiezblock Light“ ohne Diagonalsperren errichtet wird, stehen diese im Bellermannkiez in Mitte bereits in großer Anzahl. Patrizia Flores ist Sprecherin für Fuß- und Radverkehr in der Pankower BVV-Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Jan Drewitz ist Sprecher für Verkehrsberuhigung in der Pankower BVV-Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Dieser Text ist ursprünglich in der Pankower Post, der Zeitung der bündnisgrünen BVV-Fraktion Pankow, erschienen. PDFs aller vier Regionalausgaben finden Sie hier.