Drucksache - IX-0584

Nein zur Nachverdichtung der grünen Innenhöfe im Schlosspark-Kiez, Fällung von 36 Bäumen verhindern

Das Bezirksamt wird ersucht, sich umgehend gegenüber der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (SenSBW) dafür einzusetzen, dass diese auf die städtische GESOBAU AG einwirkt, ihren Bauantrag auf Sonderbaurecht gemäß § 246 Absatz 14 BauGB für die Bebauung der Innenhöfe im Schlosspark-Kiez zurückzieht, damit der Bezirk Pankow in einem ordnungsgemäßen Verfahren den Bebauungsplan 3-88 B für das Quartier zwischen Ossietzkystraße, Am Schlosspark, Crusemarkstraße, Wohnanlage Amalienpark und Breite Straße weiterverfolgen und nach Abschluss festsetzen kann.

Zugleich ersucht die BVV das Bezirksamt, den Rahmen des rechtlich Möglichen vollumfänglich auszunutzen, um die Erteilung von Genehmigungen für die von der GESOBAU AG beabsichtigte Fällung von 36 Bäumen und die Beeinträchtigungen des Wurzelbereichs von 33 Bäumen in den grünen Innenhöfen zu verhindern oder auf ein Minimum zu begrenzen sowie mindestens ein Fäll-Moratorium zu erlassen.

Die Sicherung von Freiflächen und die Erhaltung bzw. Planung eines öffentlichen Kinderspielplatzes zur Behebung des Defizits an öffentlichen Kinderspielplätzen in diesem Planungsraum sind dabei wesentliche Ziele der BVV Pankow bei der Festsetzung des B-Plans 3-88 B.

Linksfraktion, Maria Bigos, Fred Bordfeld, Maximilian Schirmer

CDU-Fraktion, Denise Bittner, Lars Bocian

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Almuth Tharan, Hannah Wettig

Begründung:

Begründung der Dringlichkeit:

Überraschend erfuhr die BVV Pankow am 19.01.2023 aus der Presse und abends im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bebauungsplanung und Genehmigungen von dem Bauantrag der GESOBAU AG nach Sonderbaurecht § 246 Abs. 14 BauGB im Schlosspark-Kiez gegenüber der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (SenSBW). Dieser droht – womöglich sehr zeitnah im Januar 2023 –gegen das beschlossene Verfahren des Bezirks Pankow zur Festsetzung des Bebauungs-Plan 3-88 B Bezirks genehmigt zu werden. Mit einem Bebauungsplanverfahren hat der Bezirk Pankow das Vorhaben auf eine Grundlage gestellt, die auch die Auswirkungen auf die soziale und grüne Infrastruktur in der Umgebung berücksichtigt. Diese Planungen würden mit der Genehmigung des Bauantrags der GESOBAU AG durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (SenSBW) konterkariert. Dem Bezirk muss weiterhin die Möglichkeit gegeben werden, das Bebauungsplanverfahren unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit fortzuführen.

Begründung der Drucksache:

Der Vorstoß der GESOBAU AG, vermutlich in Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, auf den Höfen des Schlosspark-Kiezes ohne jegliche Bürgerbeteiligung und in einer handstreichartigen Vorgehensweise Tatsachen zu schaffen, ist in höchsten Maße fragwürdig und nicht hinnehmbar. Zudem entsteht der Eindruck, dass das Thema der – generell wünschenswerten – Unterbringung von Geflüchteten von Seiten der GESOBAU AG dazu instrumentalisiert werden soll, die Verdichtung des Wohnungsbestandes im ursprünglich gewollten und gescheiterten Ausmaß durchzusetzen. So sollen ohne öffentliche Ankündigung schnell eine Vielzahl von Bäumen gefällt werden, um Gebäude im Sonderbaurecht zu errichten, obwohl es im Bezirk einen breiten Konsens gegen eine massive Bebauung der Höfe gibt. Solch ein Vorgehen zerstört das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik und schädigt nachhaltig das Ansehen des Senats und der Stadtpolitik.

Der Bezirk Pankow hält an den Zielen des sich in Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes 3-88 B fest und möchte den gemeinsam mit der GESOBAU AG eingeschlagenen Weg einer maßvollen Verdichtung am Rande des Gebietes unter Beachtung der sozialen und ökologischen Belange weiter beschreiten. Der Bauantrag für ein MUF bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen nach § 246 BauGB kann daher als nun gewählter Ausweg angesehen werden, das Grundstück trotz schwerwiegender Bedenken von Bezirksverwaltung, Kommunalpolitik und Anwohnenden konfrontativ zu den Zielen des Aufstellungsbeschluss Bebauungsplan 3-88B wie geplant doch noch in Wert zu setzen und dafür die Not bei der Unterbringung Geflüchteter als Hebel zur Durchsetzung zu nutzen. Zudem negiert er ein vierjähriges Beteiligungsverfahren im Bezirk Pankow und würde einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen.

Der bei der SenSBW gestellte Bauantrag der GESOBAU AG steht den bezirklichen Zielen der weitgehenden Erhaltung der grünen Innenhöfe direkt entgegen. Die nun beantragten Gebäude entsprechen in ihrer Kubatur und Größe den vor Jahren von der GESOBAU AG vorgeschlagenen Baukörpern, die bereits vom Bezirk Pankow sowie von Anwohnerinnen und Anwohnern abgelehnt worden sind.

Die geplante Bebauung würde zu einer massiven Nachverdichtung im Schlosspark-Kiez führen. Ziel ist jedoch eine behutsame städtebauliche Ergänzung mit sich einfügenden kleineren Gebäuden am Rand, bei der die erhaltenswerten Grünbereiche und der Spielplatz bestehen bleiben. Dafür hat die BVV Pankow ein Bebauungsplanverfahren angeschoben, mit dem auch die benachbarten Innenhöfe geschützt werden sollen.

Durch den Wechsel der Zuständigkeit auf die Landesebene werden die bisher am Verfahren beteiligten Institutionen und Personen zu nachrangig anzuhörenden Beteiligten. Die durch Steuergelder finanzierte Planungsarbeit des Bezirksamtes am beabsichtigten Bebauungsplan wird damit voraussichtlich obsolet.

Die Fällung von 36 Bäumen und der Eingriff in den Wurzelbereich von weiteren 57 Bäumen stehen dem vom Bezirk festgestellten Klimanotstand entgegen und konterkarieren die Ziele zur Klimaanpassung.

Im Hinblick auf die Unterbringung geflüchteter Menschen liegt der Bezirk Pankow berlinweit auf Platz 1. Der Bezirk Pankow kommt seiner Verantwortung nach, Menschen Schutz vor Krieg und Verfolgung zu bieten. Pankow hat zum heutigen Stand eine Gesamtzahl von 15 Unterkünften (14 Gemeinschaftsunterkünfte + eine Erstaufnahmeeinrichtung) mit einer Belegungskapazität von ca. 4.500 Personen. Eine Modulare Unterkunft für geflüchtete Menschen in der Diesterwegstraße ist bereits in Planung. In der Kirchstraße, einem weiteren (MUF-) Standort, haben die Bauarbeiten bereits begonnen. Der Bezirk Pankow und die BVV Pankow sind auch weiterhin bereit, Flächen zur Unterbringung geflüchteter Menschen zur Verfügung zu stellen.

Ziel des bezirklichen Bebauungsplanes im Schlosspark-Kiez ist es, unter Beachtung des Stadtentwicklungsplans Wohnen, den Freiraum- und Klimaschutzbelangen stärkeres Gewicht in der Nachverdichtung von bestehenden Quartieren zu geben. Dabei soll insbesondere dem von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen und der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz herausgegebenen Leitfaden „Klimaschutz und Bauleitplanung“ Rechnung getragen werden. Der öffentliche Kinderspielplatz soll neben den klimaökologischen Vorteilen für dieses verdichtete Quartier, in dem Gründerzeitbebauung an DDR-Geschosswohnungsbau grenzt, insbesondere kleineren Kindern Spielmöglichkeiten bieten, ohne stark frequentierte Straßen überqueren zu müssen.

Der gegenüber der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (SenSBW) gestellte Bauantrag der GESOBAU AG fällt in die Schulregion 7 (Pankow Zentrum). Die zuständige Einzugsgrundschule, die Mendel-Schule, ist im Schuljahr 22/23 mit 0,5 Zügen überbelegt. Laut der WoFIS-Daten (Auszug Juni 2021, kurz- und mittelfristige Realisierungsperspektive) erwartet der Bezirk einen Anstieg der Grundschulbevölkerung von mind. 124 Schüler:innen. Um diesem Bedarf Rechnung tragen zu können, hat der Bezirk am Standort Sommerbad Pankow vor Jahren bereits eine neue 3-zügige Grundschule angemeldet. Der Bebauungsplan soll im Sommer festgesetzt werden. Der Bezirk kämpft seit Monaten und Jahren für die Umsetzung dieser Maßnahme. Ohne die neue Grundschule am Sommerbad Pankow oder alternativ in der Vesaliusstraße kann die Schulplatzversorgung in der Schulregion 7, mit und ohne Nachverdichtung in der Kavalierstraße, zukünftig nicht sichergestellt werden.

Zum Link auf der BVV-Webseite: https://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=6526