Pankower Tor

Ein neues Stadtviertel, wo einmal Gleise lagen

Preisgekrönt: ein Modell des Entwurfs für das Pankower Tor. Bild: MMB
Preisgekrönt: ein Modell des Entwurfs für das Pankower Tor. Bild: MMB

„Werde ich noch erleben, dass da etwas passiert?“ – das werden Mitglieder der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) seit Jahren gefragt, wenn es um den ehemaligen Rangier- und Güterbahnhof zwischen Berliner Straße und Prenzlauer Promenade geht. Aber manchmal lohnt es sich, länger an einem Projekt zu arbeiten – besonders, wenn es sich, wie bei diesem ehemaligen Bahngelände mit seinen 47 Hektar Fläche, um ein zentral im Bezirk Pankow gelegenes Gebiet handelt, das die umliegenden Wohn- und Geschäftsviertel stark beeinflussen wird.

Schon als die Fläche noch der Bahn gehörte, kam die Idee auf, hier eine große Shopping Mall zu bauen. Die BVV diskutierte 2006, wie das Gelände durch verschiedene Verkehrsmittel am besten erschlossen werden kann. 2009 erwarb Kurt Krieger die Fläche und die Sache nahm Fahrt auf – nun ging es neben der Shopping Mall noch um zwei bis drei Möbelmärkte. In der Mitte der Fläche wollte der Unternehmer einen Park bauen und diesen dem Bezirk schenken, was dem Grünflächenamt den Schweiß auf die Stirn trieb: Woher sollten die Mittel für die Parkpflege kommen?

Boom der Shopping Malls ist vorbei

Ein erstes Werkstattverfahren kam zu keinem allgemein akzeptierten Ergebnis. Langsam wuchs im Bezirk die Erkenntnis, welch große Bedeutung die Fläche für den gesamten Bezirk hat. Die Bezirkspolitik kam trotz Kontroversen bei einigen Details zu dem Schluss, dass auf dieser wertvollen Fläche keine Ansammlung von Kauf- und Möbelhäusern entstehen soll, sondern ein lebendiges Stadtviertel, zu dem auch Wohnungen und soziale Einrichtungen gehören, von denen auch die umliegenden Gebiete profitieren sollen. Nicht alle fanden die Idee mit dem Wohnen auf dem ehemaligen Bahngelände gut – auf einer Bürgerversammlung rief ein Mitglied des Vereins für Pankow laut: „Der Pankower will da nicht wohnen.“ Da aber schon zu dieser Zeit die Wohnungen in Berlin knapper wurden, konnten sich diese Stimmen nicht durchsetzen.

Nach langen Diskussionen einigte man sich darauf, dass neben Wohnungen eine Grundschule, ein Park, Einkaufsmöglichkeiten, Kitas und, ja, auch ein Möbelmarkt entstehen sollten. Streit gab es um die Shopping Mall. Die wollte der Eigentümer, und eine Mehrheit der Bezirksverordneten befürwortet das. Wir, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Pankow, setzten uns für eine offene Einkaufsstraße ein, da wir ein nach außen geschlossenes Gebäude, das bis zur Neumannstraße reichen sollte, für städtebaulichen Unsinn hielten. Schließlich konnten wir den Eigentümer überzeugen. Der Boom der Shopping Malls war sowieso vorbei.

Die BVV forderte frühzeitig die Erschließung des Gebiets durch eine neue Straßenbahnlinie, die vom S-Bahnhof Pankow und Richtung Pasedagplatz führen soll. Der genaue Verlauf dieser Linie wird gegenwärtig geplant. Alle Anforderungen an das Gebiet wurden in einer Steuerungsrunde mit Vertreter*innen der Bezirks- und Landesverwaltung sowie dem Investor diskutiert – von der Zahl und Art der Wohnungen, den erforderlichen sozialen Einrichtungen, der verkehrlichen Erschließung bis zu Lärmschutz und Umweltfragen. Am Ende der Debatte stand die Ausschreibung eines Wettbewerbsverfahrens, an dem sich sechs Konsortien aus Architekt*innen und Landschaftsplaner*innen beteiligten. Die Pankowerinnen und Pankower hatten die Möglichkeit, die Entwürfe vorgestellt zu bekommen und zu diskutieren – coronabedingt online. Die Fachjury kürte schließlich den Wettbewerbssieger, dessen Entwurf die Basis der weiteren Entwicklungen ist.

30 Prozent günstige Wohnungen

An der Berliner Straße entsteht ein Stadtplatz, an dem Raum für öffentliche Nutzungen vorgesehen ist, zum Beispiel eine neue Bibliothek, eine Galerie und Büros. Dort beginnt auch eine Flanierstraße mit verschiedenen Geschäften und Gastronomie. Weiter östlich entsteht ein durchgrüntes Wohngebiet mit zwei Kitas und Spielplätzen. Die Wohnstraßen sollen nicht mit parkenden Autos zugestellt werden. Stattdessen werden die Autos in Kiezgaragen untergebracht. Wie viele Wohnungen genau entstehen, steht noch nicht fest. Die Geschossfläche für das Wohnen ist auf 193.000 Quadratmeter festgelegt worden. Nach dem Berliner Modell für Baulandentwicklung sollen 30 Prozent der Wohnungen günstig vermietet werden. Es wird auch Angebote für betreutes Wohnen geben. Entlang der Bahn entsteht ein Park. Die Grundschule schließt sich östlich an. Der Möbelmarkt und weitere Büroflächen kommen an die Prenzlauer Promenade. Der Panketrail wird nahe der Bahn längs über das Gelände verlaufen und eine Brücke über die Berliner Straße bekommen. In Verlängerung der Neumannstraße soll es eine Unterquerung der Bahnstrecke für Rad- und Fußverkehr geben.

Bevor es mit dem Bauen losgehen kann, ist jedoch noch einiges zu klären: Dass auf dem Gelände die streng geschützte Kreuzkröte lebt, hat sich herumgesprochen. Der Investor muss die Tiere umsiedeln oder auf dem Gelände selbst Flächen für sie schaffen und sich mit der Landesnaturschutzbehörde über das Verfahren einigen. Darüber hinaus muss noch die neu zu bauende Kreuzung Prenzlauer Promenade/Tiniusstraße geplant werden. Die verschiedenen Akteure hatten zuletzt die Hoffnung, dass das 2024 erledigt sein werde und mit den Bauarbeiten auf der Hauptfläche begonnen werden könne.

Westlich des zentralen Teils des ehemaligen Rangier- und Güterbahnhofs wird zwischen Berliner Straße und Mühlenstraße ein Park entstehen. Direkt am Bahnhof soll ein Fahrradparkhaus gebaut werden. Gleichzeitig wird die Haltestellensituation der nordwärts fahrenden Busse und Straßenbahnen am S- und U-Bahnhof verbessert und die Sicherheit für die Fahrgäste erhöht.

Zum ehemaligen Bahnhofsgelände gehören auch die denkmalgeschützten Lokschuppen und das Verwaltungsgebäude östlich der Autobahnbrücke. Die Gebäude werden gegenwärtig vor dem weiteren Verfall gerettet. Ob die Idee, dort eine weiterführende Schule zu schaffen, umsetzbar ist, wird derzeit geprüft.

Almuth Tharan ist Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Pankow.

Dieser Text ist ursprünglich in der Pankower Post, der Zeitung der bündnisgrünen BVV-Fraktion Pankow, erschienen. PDFs aller vier Regionalausgaben finden Sie hier.