Greifswalder Strasse

Her mit Schule und Wohnungen!

Grün und klimagerecht: So könnte das Gelände auf dem ehemaligen Güterbahnhof Greifswalder Straße nach den Plänen des Architekten Sergei Tchoban einmal aussehen, links die dringend benötigte Schule.
Grün und klimagerecht: So könnte das Gelände auf dem ehemaligen Güterbahnhof Greifswalder Straße nach den Plänen des Architekten Sergei Tchoban einmal aussehen, links die dringend benötigte Schule. Bild: TCHOBAN VOSS ARCHITEKTEN HAMBURG BERLIN DRESDEN

Am alten Güterbahnhof Greifswalder Straße soll nun endlich gebaut werden. Der Bezirk will östlich der Schwimmhalle am Ernst-Thälmann-Park ein Gymnasium errichten. Das wird dringend gebraucht: Im Bezirk fehlen tausende Oberschulplätze, die Schüler*innenzahlen steigen. Allerdings ist die bezirkseigene Fläche nicht groß genug für eine sechszügige Schule mit Sport- und Pausenflächen. Der Bezirk braucht angrenzende Flächen des Eigentümers des Rangierbahnhofs Pankow, Christian Gérôme. Darum schlug das Bezirksamt einen Flächentausch vor. Gérômes Eigentümergesellschaft wäre bereit, dem Bezirk 13.000 Quadratmeter seines Bahnhofsgrundstücks für die Schule zu überlassen. Dafür würde er im Gegenzug vom Bezirk 4.800 Quadratmeter Parkplatzfläche an der Ecke Lilli-Henoch-Straße/ Greifswalder Straße erhalten, um dort flächensparend in die Höhe zu bauen.

Dazu ist Gerôme bereit, obwohl er deutlich mehr Fläche abgeben soll, als er bekommt. Denn er möchte gerne Wohnungen auf seinem Gelände bauen – und das schon seit zehn Jahren. Grundsätzlich darf er das, hatte schon das Verwaltungsgericht entschieden. Aber der Bezirk hat das bisher mit immer neuen Plänen verhindert. Erst sollte das Gelände für einen grünen Erholungsraum gesichert werden, dann für eine Schuldrehscheibe, später eine Gemeinschaftsschule und seit neuestem für ein Gymnasium.

Darum will Gérôme für den Tausch die Zusicherung, dass er auf dem ihm verbleibenden Gelände drei Hochhäuser mit Wohnungen und Gewerberäumen errichten darf: zwei auf der Westseite der Greifswalder Straße zwischen S-Bahnstrecke und Lilli-Henoch-Straße und einen weiteren auf der östlichen Seite, wo ihm die Brache an der gesperrten Fußgängerbrücke gehört.

Die Mehrheit steht

Dafür gibt es eine politische Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung. Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP setzen sich gemeinsam für den Tausch ein, damit endlich die dringend notwendige Schule und ebenso notwendige Wohnungen gebaut werden. Doch Linke und SPD wollen den Wohnungsbau verhindern. Insbesondere die Linke meint, auf die Wünsche von Bewohner*innen des Thälmannparks Rücksicht nehmen zu müssen. Dort gibt es einige, die sich beschweren, dass ihre Parkplätze wegfallen sollen. Viele andere sehen das aber anders und verstehen, dass der Bezirk die Schule braucht und Berlin insgesamt dringend mehr Wohnungen.

2017 hatten die Bündnisgrünen mit ihren damaligen Zählgemeinschaftspartnern Linke und SPD einen Kompromiss geschlossen, der für diese Fläche Wohnungsbau und eine grüne Durchwegung vorsah. 2019 stellte das Bezirksamt den Bedarf nach einer weiterführenden Schule fest und startete ein Bebauungsplanverfahren. Über die Fläche wird bereits seit zehn Jahren diskutiert und der private Eigentümer einer Teilfläche wurde ungeduldig, was eine Veränderungssperre erforderlich machte. Die bündnisgrüne Fraktion protestierte gegen die mitten im ersten Corona-Lockdown anberaumte Sitzung, ermöglichte das Votum für die Veränderungssperre, machte aber gleichzeitig deutlich, dass sie mit der rot-roten Verhinderungspolitik nicht einverstanden war. Wir halten Wohnungsbau an dieser Stelle für sinnvoll und suchen jetzt einen Weg, Schule, Wohnen und eine grüne Durchwegung miteinander zu verbinden.

Klimagerecht bauen

Aus Sicht von Bündnis 90/Die Grünen ist das Gebiet um den alten Güterbahnhof ideal für Wohnungsbau geeignet – so stand es schon im Wahlprogramm 2016. Innerstädtische Brachen und ebenerdige Parkplätze müssen angesichts der grassierenden Wohnungsnot dringend entwickelt werden. Zudem sollte die verwahrloste Ecke durch Geschäfte und Gastronomie belebt werden, damit die Anwohner*innen angstfrei durch die Unterführung am S-Bahnhof Greifswalder Straße gelangen können.

Allerdings haben die Bündnisgrünen auch Forderungen beim Wohnungsbau: Der Eigentümer soll klimagerecht und tierfreundlich bauen. Ein Radweg und ein Grünzug müssen mitgeplant werden. Dazu haben die Architekt*innen des Eigentümers inzwischen detaillierte und vielversprechende Pläne vorgelegt. Verhandelt werden muss noch, welche weitere Infrastruktur es braucht, etwa eine Kita oder eine Einrichtung für Senior*innen, welche Art Wohnungen dort entstehen sollen und wie hoch die Mieten sein dürfen. Die SPD-Baustadträtin Rona Tietje hat dafür eine Gesprächsrunde mit allen Fraktionen ins Leben gerufen. Das Amt will einen weitestgehenden Konsens aller Parteien erreichen. Wenn die Fraktionen von Linke und SPD nicht weiterhin jeden Vorschlag zerreden, gibt es also Hoffnung, dass Pankow eine weitere Schule und mit S- und Straßenbahn bestens erschlossene Wohnungen bekommt.

Hannah Wettig ist Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Pankow.

Dieser Text ist ursprünglich in der Pankower Post, der Zeitung der bündnisgrünen BVV-Fraktion Pankow, erschienen. PDFs aller vier Regionalausgaben finden Sie hier.